2010 Seelöwen statt Strandliegen. Das ist Galápagos. 1000 Kilometer vor Ecuadors Küste liegen Inseln, auf denen Tiere das Sagen haben – und Menschen höchstens geduldete Gäste sind. Seelöwen blockieren die Parkbänke, Blaufußtölpel tanzen Balztänze wie auf einer Comedy-Bühne, und Riesenschildkröten stapfen gemütlich durchs Gelände, als gäbe es keine Eile auf der Welt. Hier fühlt man sich eher wie in einem lebendigen Biologiebuch als auf einer klassischen Reise.

Pelikane, Seelöwen, Tölpel & Co.

San Cristóbal

Die Galápagos-Inseln – schon der Name klingt magisch. Rund 1000 Kilometer vor der Küste Ecuadors gelegen, wurden sie 1535 von Thomas de Berlanga entdeckt. Später kam Charles Darwin hierher, schaute den Tieren bei ihren eigenartigen Routinen zu und kam ins Grübeln. Seine Evolutionstheorie wäre ohne die Blaufußtölpel und Riesenschildkröten wohl nie so entstanden. Bis heute ist es der besondere Zauber der Inseln: Tiere sehen den Menschen nicht als Bedrohung, sondern höchstens als störenden Paparazzo, der ihnen bei jeder Bewegung die Kamera ins Gesicht hält.

Von Guayaquil geht es in nur 1,5 Stunden Flug nach San Cristóbal, der östlichsten Insel des Archipels. Für mich und meinen Reisebegleiter ist dies der Auftakt zu sieben Tagen Galápagos – darunter eine fünftägige Bootstour. Zuerst steht aber ein eigener Streifzug an. Noch am Hafen werden wir begrüßt – von einem Pelikan, mehreren Seelöwen und natürlich dem Star der Inseln: dem Blaufußtölpel. Mit seinen knallblauen Füßen, seinem leicht schusseligen Paarungstanz und seinem noch tölpelhafteren Startversuch in die Luft ist er die vielleicht sympathischste Vogelart der Welt.

Nach einem Besuch im Informationszentrum, das uns einen ersten Überblick über die Geschichte und Besonderheiten der Inseln gibt, geht es auf einen Aussichtshügel. Der Blick ist großartig, die Sonne noch besser. Da die Inseln direkt am Äquator liegen, hat das allerdings einen Haken: die Hitze. Schon nach wenigen Minuten läuft man wie ein tropfender Wasserhahn.

Am Nachmittag lockt die Punta Carola, ein kleiner Strand gleich um die Ecke. Hier tummeln sich Seelöwen genauso wie Touristen – beide meist im Liegen. Todesmutig wage ich mich an eines der Tiere heran, um ein perfektes Foto zu schießen. Der Seelöwe duldet mich einen Moment, blökt dann aber unmissverständlich: Abstand halten! Wenig später zeigt sich eine Meeresschildkröte, die neugierig den Kopf aus dem Wasser steckt. Schnorchelausrüstung habe ich leider nicht dabei – Anfängerfehler.

Den Abend lassen wir ruhiger ausklingen. Zurück im Hostel packe ich mein neu erstandenes Schachspiel aus Baños aus: handbemalte Figuren im indigenen Look. Leider entpuppt sich mein Reisebegleiter als echtes Schachgenie – ich habe nicht den Hauch einer Chance. Aber gut, der Ehrgeiz ist geweckt, und mein Ziel steht fest: irgendwann muss der erste Sieg her.

Seelöwe am Strand von San Cristobal

Wie im Paradies

San Cristóbal

Wie es im Paradies aussieht? Keine Ahnung. Aber die Galápagos-Inseln kommen der Vorstellung ziemlich nah: ein Archipel aus 19 großen Inseln und Dutzenden kleineren Eilanden, mitten im Pazifik gelegen. Die Isolation hat dafür gesorgt, dass sich hier Tiere und Pflanzen völlig ungestört entwickeln konnten. Darum findet man auf Galápagos Arten, die es nirgendwo sonst gibt – von den berühmten Riesenschildkröten über Meerechsen bis zu den Blaufußtölpeln. Und weil die Tiere hier kaum natürliche Feinde kennen, fürchten sie den Menschen nicht. Sie sehen uns höchstens als lästige Paparazzi.

Am Mittag geht es an Bord der Princess, unserem Schiff für die nächsten fünf Tage. Glanzstück ist es keines mehr, aber Abenteuer steht ja ohnehin auf dem Programm. Mit dabei sind sieben Crewmitglieder, unser Guide Henrique aus San Cristóbal und eine bunte Gruppe Mitreisender aus aller Welt – die Stimmung passt, das Abenteuer kann starten.

Erster Stopp: die Bucht La Lobería. Sie heißt zwar „Seelöwenstrand“, aber heute lassen sich nur wenige der brüllenden Gesellen blicken. Dafür heißt es: Schnorchel an, Flossen ins Wasser. Kaum bin ich eingetaucht, taucht auch schon die erste Meeresschildkröte auf. Gigantisch! Mit kräftigen Flossen gleitet sie direkt neben mir vorbei – so nah, dass ich fast das Gefühl habe, mit ihr um die Wette schwimmen zu können. Kaum ist sie verschwunden, kommt schon die nächste. Und noch eine.

Manche sind vielleicht einen halben Meter groß, andere haben Panzer mit einem Durchmesser von über einem Meter. Ein Riese liegt träge am Meeresgrund, andere schweben elegant durchs Wasser, drehen ab, tauchen wieder auf. Es ist ein regelrechtes Stelldichein der Schildkröten.

Galápagos ist einer der wenigen Orte der Welt, an dem man mit diesen Tieren so hautnah und in solcher Zahl schnorcheln kann. Vor San Cristóbal sieht man vor allem die Grüne Meeresschildkröte, die hier in großer Zahl vorkommt und die Strände zur Eiablage nutzt. Dass gleich so viele auf einmal auftauchen, macht den Moment fast surreal – ein echtes Highlight gleich zu Beginn.

Als später eine Kindergruppe ins Wasser springt, ist der Zauber vorbei und die Schildkröten verschwinden. Macht nichts, wir sichten noch ein paar Stachelrochen und Fischschwärme, aber die eigentlichen Stars des Tages sind eindeutig die Schildkröten. Zurück am Strand bleibt nur ein Gedanke: besser kann ein Start ins Inselhopping kaum sein.

Abends geht es noch einmal an Land, dann zurück aufs Schiff. Bei einer Partie Schach verliere ich erneut gegen meinen Reisebegleiter – aber immerhin knapp. Vielleicht schaffe ich es ja noch, bevor die Princess wieder in San Cristóbal anlegt.

Evolutionstheorie

Isla Española

Die Evolution ist bekanntlich eine Geschichte voller Missverständnisse. Und nirgendwo lässt sie sich so gut erklären wie am Beispiel der Blaufußtölpel. Irgendwann gab es da also eine normale Tölpelart, die den Tag mit Fressen, Baden und Fortpflanzen verbrachte – im Prinzip wie Studenten im ersten Semester. Dann schlüpfte eines Tages ein Exemplar mit blauen Füßen. Ein kurioser Zufall in der Natur – ähnlich wie bei Angelina Jolie, nur eben an den Füßen statt an den Lippen. Das konnte ein Nachteil sein – oder ein Vorteil. Und siehe da: die Tölpel-Damen fanden es ziemlich schick (ähnlich wie Hollywood-Produzenten bei Angelina Jolie). Der Rest ist Naturgeschichte: die Blaufüße hatten bei der Partnerwahl die besseren Karten, setzten sich durch und irgendwann gab es mehr blaue als langweilig-farblose Füße. So oder ähnlich dachte sich das wahrscheinlich auch Charles Darwin, der hier 1835 vorbeikam, darüber nachgrübelte und später sein Werk „Über die Entstehung der Arten“ veröffentlichte – der vermutlich erfolgreichste Bestseller seit Harry Potter, zumindest in Biologenkreisen.

Zurück in der Gegenwart: Mit dem Schlauchboot landen wir an der Punta Suárez auf Española. Kaum den Fuß auf dem Boden, liegen schon die ersten Meerechsen (Iguanas) faul in der Sonne. Sie sehen aus wie frisch aus einem Dinosaurierfilm, klettern mühelos über die Lavafelsen und werfen sich zwischendurch mit einem eleganten Kopfschütteln Salzwasser aus den Nasenlöchern. Ihre Farben reichen von Schwarz bis hin zu Rot-Blau-Weiß – quasi Iguanas im Nationaltrikot.

Kurz darauf treffen wir den Star: den Blaufußtölpel. Watschelnd, neugierig, ein bisschen dämlich wirkend – man könnte Stunden zusehen. Der berühmte Paarungstanz bleibt uns diesmal leider verwehrt, aber allein diese blauen Latschen sind schon herrlich. Und als Zugabe erscheint noch ein weiterer Promi: der Galápagos-Albatros.

Für ein paar Monate im Jahr nistet er hier. Am Boden wirkt er eher unbeholfen, beim Start stolpert er fast über seine eigenen Füße – aber sobald er in der Luft ist, segelt er erhaben über die Klippen. Beeindruckend, zumal die Spannweite bis zu 2,5 Meter betragen kann.

Zum Schluss noch ein Natur-Spektakel: das Blow Hole. Hier pressen die Wellen das Wasser in einen Felsspalt, das Ganze schießt dann wie ein Geysir zehn Meter in die Höhe. Klingt simpel, sieht aber großartig aus – die Natur als Animateur.

Am Nachmittag folgt der nächste Schnorchelgang, diesmal in der Gardner Bay. Der Strand allein ist schon eine Postkarte wert: feiner Sand, türkisfarbenes Wasser, fast keine Touristen. Und unter Wasser wird’s noch besser: zwei Meeresschildkröten ziehen vorbei, Stachelrochen schweben elegant über den Boden und plötzlich zischt ein Galápagos-Pinguin an uns vorbei. Schildkröte, Rochen, Pinguin – alles in einem Schnorchelgang. Mehr geht wirklich nicht.

Charles Darwin und die Galápagos – wie aus Vögeln eine Theorie wurde

Galápagos-Archipel

1835 schipperte ein junger Naturforscher namens Charles Darwin auf der „Beagle“ durch den Pazifik und legte einen Zwischenstopp auf den Galápagos-Inseln ein. Eigentlich war er nur als Schiffsarzt und Gelegenheits-Naturkundler dabei, aber die Inseln sollten sein Leben – und nebenbei die ganze Biologie – komplett auf den Kopf stellen.

Was er hier fand, war eine Art Natur-Labor unter freiem Himmel. Jede Insel hatte ihre eigenen Varianten von Tieren: Finken mit verschieden geformten Schnäbeln, je nachdem ob sie Samen knackten, Insekten pickten oder Blüten anbohrten. Schildkröten mit unterschiedlichen Panzerformen, je nach Landschaft und Vegetation. Dazu Meerechsen, die lieber Algen futtern als an Land bleiben. Darwin wunderte sich: Wie konnte es sein, dass Arten so nah beieinander lebten – und trotzdem so verschieden waren?

Seine Schlussfolgerung: Arten sind nicht fix, sie verändern sich. Tiere, die mit ihren Eigenschaften besser zur Umgebung passten, überlebten und pflanzten sich fort – während andere im Wettbewerb den Kürzeren zogen. Heute nennen wir das „natürliche Selektion“, damals war es eine kleine Revolution.

Natürlich war nicht jeder begeistert. Die Kirche fand die Vorstellung, dass der Mensch vom Affen abstammen könnte, weniger charmant. Darwin selbst formulierte vorsichtig, veröffentlichte erst 1859 sein Buch „Über die Entstehung der Arten“ – das Biologie-Buch schlechthin, in jedem Lehrerzimmer vertreten, irgendwo zwischen Harry Potter und dem Duden.

Die Galápagos-Inseln gelten bis heute als das Herzstück seiner Ideen. Ohne die Tölpel, Finken und Schildkröten hätte Darwin vermutlich nur ein paar nette Reiseberichte geschrieben – mit ihnen aber legte er den Grundstein für die moderne Evolutionsbiologie.

Dom in Havelberg

Des einen Leid, des anderen Freud

Isla Floreana

Unser erster Stopp auf Floreana führt uns zur legendären Post Office Bay. Hier steht seit über 250 Jahren das vielleicht ungewöhnlichste „Postamt“ der Welt: eigentlich nur eine große Holzbox mitten in der Walachei, in die Seefahrer früher ihre Briefe warfen. Die Regeln sind simpel und genial: Karte reinlegen, durchstöbern, ob etwas für die eigene Heimat dabei ist – und falls ja, persönlich zustellen. Heute machen Reisende das noch genauso. Ich finde ich einen Brief nach Berlin, die ich artig mitnehmen werde. Vielleicht landet irgendwann auch meine Karte in den Händen eines freundlichen Weltenbummlers, der tatsächlich mal an meiner Tür klingelt.

Danach geht es zu einer Lagune mit Flamingos. Ganz klassisch stehen sie auf einem Bein im seichten Wasser und filtern gemütlich kleine Krebse heraus – so elegant, dass man beim Zuschauen automatisch selbst etwas gerader dasteht. Weiter geht es durch einen dunklen Lava-Tunnel, bevor wir an einem Traumstrand landen, der in meiner persönlichen Hitliste sofort auf Platz eins rauscht. Feiner Sand, glasklares Wasser – perfekt! Nur Baden ist tabu, denn das flache Wasser ist voller Stachelrochen, die sich hier vor Haien verstecken. Ein falscher Schritt, und man tritt auf so ein Exemplar – kein schöner Gedanke. Dazu überall Schildkrötennester, die man besser nicht versehentlich eintrampelt. Also brav am Strand bleiben, staunen und weiterziehen.

Richtig spektakulär wird es beim Schnorcheln: Mein Reisebegleiter und ich lassen uns etwas abseits der Gruppe treiben und schwimmen entlang einer Felswand.

Plötzlich tauchen sechs junge Seelöwen auf – verspielt, neugierig, energiegeladen. Sie schießen im Zickzack durchs Wasser, tauchen dicht vor meiner Maske auf und blicken mich an, als wollten sie sagen: „Sag mal, was macht so ein unbeholfenes Landtier mit Flossen hier unten?“ Wir drehen ein paar Runden mit ihnen, spielen fast eine Art Unterwasser-Fangen. Der Moment ist pure Freude – Auge in Auge mit diesen eleganten Fellraketen im Wasser.

Am frühen Nachmittag nehmen wir wieder Kurs auf unser Schiff, die Princess. Ziel ist die Insel Isabela – rund fünf Stunden Überfahrt, die wir auf dem provisorischen Sonnendeck verbringen. Klingt herrlich, doch der Pazifik zeigt uns seine rauere Seite. Der Wellengang setzt vielen Mitreisenden zu, besonders den weiblichen, und die Seekrankheit drückt die Stimmung merklich. Beim Abendessen erreicht das Ganze seinen Höhepunkt: Während ich verzweifelt versuche, die Suppe in meinem Teller statt auf meinem Schoß zu halten, verabschieden sich mehrere Tischgenossinnen blitzartig in Richtung Toilette. Ergebnis: halbleere Tische – und doppelte Portionen für die Unerschütterlichen. Des einen Leid ist eben des anderen Freud.

Abends greifen wir noch zum Schachbrett, um uns von dem Geschaukel abzulenken. Aber die Konzentration ist dahin, und ich stecke erneut zwei Niederlagen ein. Inzwischen ist gefühlt die halbe Reisegruppe seekrank und nicht mehr ansprechbar. Zum Glück erreichen wir vor Mitternacht Isabela und können eine halbwegs ruhige Nacht in den engen Kabinen verbringen. Na immerhin – Land in Sicht!

Fortpflanzung

Isla Isabela & Tintoreras

Die Nacht verläuft angenehm ruhig – vor Anker geschaukelt schläft es sich gleich besser. Am Morgen betreten wir Isabela, die größte Insel des Archipels, und starten gleich mit einem Highlight: der Aufzuchtstation für Riesenschildkröten. Hier lernt man alles darüber, wie aus einer winzigen Spermazelle irgendwann ein 250-Kilo-Koloss mit Panzerschale wird. Alles beginnt, wie sollte es anders sein, mit Schildkröten-Romantik: Wenn sich zwei Tiere ganz doll lieb haben, legt das Weibchen später 6 bis 8 Eier in ein Erdloch. Nach drei Monaten schlüpfen die Babys – und nach einem weiteren Monat Dunkelheit graben sie sich nach oben. Dann beginnt der Ernst des Lebens: fressen, wachsen, fressen, wachsen. Viel Salat, versteht sich.

Die Station sorgt dafür, dass das auch wirklich klappt. Verwaiste oder verletzte Tiere landen hier in Quarantäne, bekommen notfalls sogar eine Art Gips für den Panzer, wenn es mal zu einem Crash mit einem Auto kommt. Dieser Aufwand ist bitter nötig, denn in früheren Jahrhunderten waren die Galápagos-Riesenschildkröten das lebende Proviantlager für Seefahrer. Man stapelte sie einfach an Bord – bis zu neun Monate hielten sie ohne Nahrung und Wasser durch. Praktisch für Seeleute, tödlich für die Tiere. Fast wären sie ausgerottet worden. Nur dank der Station und strenger Schutzmaßnahmen haben sich die Bestände inzwischen erholt. Glücklicherweise, sonst gäbe es heute wohl nur noch Geschichten über sie – und keine gemächlichen Panzerriesen zum Anschauen.

Danach geht es mit dem Boot zur kleinen Insel Tintoreras, einem von Lavafeldern überzogenen Eiland. Beim Spaziergang durch die bizarren schwarzen Felsformationen hat man das Gefühl, direkt in die Entstehungsgeschichte der Inseln einzutauchen – alles scharfkantig, wild und urzeitlich. Ein schmaler Kanal wird hier „Shark Trail“ genannt, weil sich Weißspitzen-Riffhaie dort normalerweise ausruhen. Nur heute nicht – offenbar haben die Herrschaften beschlossen, auswärts zu speisen. Tja, Natur auf Bestellung gibt es eben nicht.

Am Nachmittag nehmen wir Kurs auf unseren letzten Stopp: Santa Cruz. Die Überfahrt dauert satte sieben Stunden, und alle wissen, was das bedeutet: Seekrankheit in Serie. Ich rechne insgeheim schon mit einer doppelten Portion Spaghetti Bolognese – schließlich fällt bei halber Besatzung am Tisch erfahrungsgemäß einiges für die „Seefesten“ ab. 

Da es die letzte gemeinsame Nacht an Bord ist, werden Adressen und Fotos getauscht. Besonders wertvoll: die digitalen Unterwasseraufnahmen einer Mitreisenden, die dank wasserdichter Kamera Seelöwen, Rochen und Schildkröten festgehalten hat. Christoph und ich hatten ja unsere Kamera zuverlässig immer dann vergessen, wenn es spannend wurde. Na egal – die Erinnerungen sitzen ohnehin fest im Kopf.

Das berühmteste Reptil der Welt

Isla Santa Cruz

Am letzten Tag unserer kleinen Kreuzfahrt heißt es früh raus aus der Koje. Schließlich wollen wir die lebende Legende der Inseln sehen: Lonesome George – das berühmteste Reptil der Welt.

Im Charles-Darwin-Forschungszentrum bekommen wir zunächst einen Überblick über die Arbeit der Wissenschaftler: Aufzuchtstationen für Riesenschildkröten, Schutzprogramme für bedrohte Arten, jede Menge Informationen über Ökosysteme. Am Ende der Tour ist es dann soweit: George liegt träge in seinem Gehege. Der Clou: Er war lange Zeit das letzte Exemplar seiner Art von der Insel Pinta. Wissenschaftler versuchten alles, um Nachwuchs zu bekommen – von „Kerzenscheinromantik“ über genetisch passende Weibchen bis hin zu allen Tricks der Tierwelt. Nur George hatte andere Pläne. Ob er nicht konnte, nicht wollte oder einfach keine Lust hatte – niemand weiß es. Ich vermute ja, er wollte mit seinen 90 Jahren einfach nur seine Ruhe haben.

Mein Reisebegleiter hat allerdings eine ganz eigene Theorie: „Stell dir vor, du bist der letzte Mensch auf der Welt, und um dich herum tummeln sich Elefanten. Plötzlich setzen sie dir einen Orang-Utan vor die Nase und sagen: Na los, der ist dir genetisch am ähnlichsten – also ran da! Würdest du da begeistert mitmachen?“ Klingt absurd, macht aber irgendwie Sinn. Vielleicht hatte George einfach keine Lust auf die zoologische Dating-Show.

Ganz anders Super-Diego, eine andere Riesenschildkröte aus dem Zentrum: ein echter Playboy. Über 800 Nachkommen gehen auf sein Konto, er allein soll rund 50 % einer Population gesichert haben. Während George zum Symbol der bedrohten Artenvielfalt wurde, wurde Diego zur lebenden Legende für Fruchtbarkeit. Vielleicht hätte man die beiden mal zu einem Erfahrungsaustausch zusammensetzen sollen.

Nach dem Besuch geht es weiter ins Hochland von Santa Cruz. Bei Los Gemelos, den „Zwillingen“, sehen wir zwei gewaltige Krater, die beim Einsturz unterirdischer Hohlräume entstanden sind. Riesige Erdschlunde mitten im grünen Wald – beeindruckend.

Noch spannender wird es im El-Chato-Reservat, wo die Riesenschildkröten frei durch die Landschaft stapfen. Und das ist wirklich ein Erlebnis: keine Gehege, kein Zaun – einfach 250-Kilo-Kolosse, die gemächlich durch die Wildnis marschieren, Salat mampfen und dabei wirken wie Mini-Dinosaurier. Zur Erfrischung serviert uns unser Guide eine frisch vom Baum gepflückte Maracuja – köstlich! Danach geht’s in einen 300 Meter langen Lavatunnel, den wir teilweise nur kriechend passieren können. Abenteuerlich, aber: ohne Fleiß kein Preis.

Am Nachmittag wartet die Tortuga Bay. Ein Fußmarsch von 45 Minuten führt zu einem Strand, der aussieht wie gemalt: puderzuckerweißer Sand, türkisblaues Wasser. Baden ist herrlich, bis mein Reisebegleiter von einer Feuerqualle attackiert wird. Die Brandwunde am Arm sieht übel aus, und während er jämmerlich stöhnt, erinnere ich mich an den alten Tipp: Urin hilft. Leider gerade keine Vorräte vorhanden. Also bleibt nur Zähne zusammenbeißen – und ich versuche währenddessen, meinen Mittagsschlaf am Strand zu retten.

Abends spaziere ich noch durch den Hafen von Puerto Ayora und sehe im Wasser mehrere Schwarzspitzenhaie, die gemächlich ihre Kreise ziehen. Kleine Versionen zwar, aber immerhin – auch das Häkchen ist gesetzt.

Damit endet unser Galápagos-Abenteuer. Am nächsten Tag geht es zurück aufs Festland nach Quito – im Gepäck unzählige Begegnungen mit Tieren, die man sonst nur aus Dokus kennt, und das Gefühl, wirklich ein Stück Paradies gesehen zu haben.

Alter Grenzturm in Mecklemburg-Vorpommern

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Das war der Galápagos!

Nach Tagen voller Schildkröten, Seelöwen, Leguane und Schnorchelgängen zwischen Rochen und Pinguinen heißt es Abschied nehmen. Der Sonnenbrand heilt, die Seekrankheit vergeht – aber das Gefühl, einmal im „Paradies mit Fell und Flossen“ gewesen zu sein, bleibt. Und ganz ehrlich: ein bisschen beneide ich Darwin, dass er hier länger bleiben durfte.

Letzte Station in Südamerika gefällig? Dann ab nach Kolumbien.