2009 - Letzter Halt meiner Südamerika-Reise: Kolumbien. Ein Land, das einst für Escobar und Guerillas stand – heute für Lebensfreude, Farben und Musik. Zwischen Anden, Karibik und Dschungel entfaltet sich ein Land im Aufbruch: laut, herzlich, überraschend schön.

Karibikflair vom Allerfeinsten

Cartagena

Letzte Etappe meiner Südamerika-Odyssee: Kolumbien! Von Cusco über Lima nach Bogotá. Spät in der Nacht lande ich endlich in Cartagena, und kaum öffnet sich die Flugzeugtür, schlägt mir die warme, salzige Karibikluft entgegen.

Schon beim ersten Schritt auf die Straße spüre ich: Hier ist alles anders. Das Tempo, die Musik, die Farben. Kolumbienist im Kommen – und das mit Recht. Wo früher Drogenkrieg und Guerillas die Schlagzeilen beherrschten, dominiert heute Lebensfreude. Auf meiner bisherigen Südamerika-Reise schwärmten viele andere Reisende von den Stränden, den Menschen, der Energie des Landes. Und sie hatten recht.

Zwischen zwei Ozeanen gelegen – dem Atlantik im Norden und dem Pazifik im Westen – bietet Kolumbien alles, was man sich wünschen kann: karibische Küstenstädte, Vulkane in den Anden, dichten Dschungel im Amazonasgebiet und sogar schneebedeckte Gipfel in der Sierra Nevada de Santa Marta. Diese Vielfalt ist kaum zu toppen. Noch ist der Tourismus angenehm überschaubar, die Preise fair und das Lächeln der Menschen echt. Ein Land, das neugierig macht – und ein bisschen süchtig.

Cartagena ist dafür das perfekte Schaufenster. Die Stadt liegt direkt am karibischen Meer, umgeben von einer dicken Stadtmauer, die einst Piratenangriffe abwehrte. Kein Wunder – Gold und Reichtum lockten früher allerlei Freibeuter an. Heute zieht die Stadt andere Beutejäger an: Fotografen, Romantiker, Straßenmusiker und Sonnenhungrige. Die Altstadt ist ein Farbrausch: pastellfarbene Balkone mit üppigen Bougainvillea-Girlanden, quietschgelbe Kirchenfassaden, grüne Fensterläden. 

Und dazwischen immer wieder das Hufgetrappel von Pferdekutschen, die Touristen durch die Kopfsteinpflastergassen kutschieren.

Tagsüber flaniere ich durch die Gassen, genieße Straßenmusik, probiere frische Mangos vom Straßenstand und beobachte das bunte Treiben auf den Plätzen. Kinder spielen Fußball zwischen den Kolonialhäusern, alte Männer lehnen rauchend in Türrahmen, und aus jeder Ecke klingt Salsa. Überall spürt man diese entspannte Lebenslust, die wohl nur in der Karibik so funktioniert.

Abends wird’s noch lebendiger. Bars, Rooftop-Terrassen, Reggaeton-Beats, Mojitos. Manche Reinschmeißer versuchen, mich mit den Worten „Very nice girls inside!“ zu locken – ähm, nein danke. Auch das gehört wohl zur Realität dieser Stadt. Aber mit einem kühlen Drink auf der Stadtmauer, während die Sonne glutrot im Meer versinkt, lässt sich das alles bestens ausblenden.

Cartagena ist laut, bunt, manchmal etwas verrückt – aber einfach wunderschön. Zwischen Geschichte und Gegenwart, Kolonialpracht und karibischem Chaos entfaltet sich ein Ort, der einen sofort gefangen nimmt. Ich kann verstehen, warum so viele Reisende hier hängen bleiben. Vielleicht ist es die Sonne, vielleicht die Musik, vielleicht einfach dieses Gefühl, dass hier alles ein bisschen leichter geht.

Und natürlich: Kolumbien hat Rhythmus im Blut. Juanes singt von schwarzer Hemdenmode, Shakira lässt die Hüften kreisen – leider nicht auf der Plaza vor meinem Hostel. Sie stammt aus Barranquilla, ein Stück weiter die Küste hoch. Vielleicht ein Grund, wiederzukommen.

Inselabenteuer

Isla Barú

Nach so viel kolonialem Trubel in Cartagena lockt das Meer – genauer gesagt: eine Inselgruppe knapp zwei Stunden vor der Küste. Der Lonely Planet verspricht paradiesische Strände, andere Reisende schwärmen in den höchsten Tönen. Klingt nach Karibiktraum pur – also nichts wie hin!

Früh am Morgen geht’s los. „Hafen“ ist vielleicht etwas zu viel gesagt – eher eine improvisierte Anlegestelle mit ein paar Booten, Zwiebel- und Kartoffelsäcken. Noch ehe ich mich versehe, sitze ich auf einem überladenen Kutter zwischen Proviant, zwei Hühnern und einer Handvoll Mitreisender. Der Kapitän raucht seelenruhig, der Motor knattert, und ich frage mich kurz, ob das Boot überhaupt bis zur nächsten Welle kommt. Aber wie so oft in Südamerika gilt: Es sieht chaotisch aus – und funktioniert am Ende doch erstaunlich gut.

Nach zwei Stunden karibischem Geschaukel taucht sie auf: die Playa Blanca auf der Isla Barú. Der Sand gleißt weiß, das Wasser ist türkis, die Sonne brennt – Postkartenmotiv deluxe. Kaum ausgestiegen, werde ich sofort belagert: Ketten, Shrimps, Schnorchel, Kokosnüsse – alles gleichzeitig und mit Nachdruck angeboten.

Nach einer kurzen Fluchtaktion finde ich eine Unterkunft. „Rustikal“ trifft es gut: Strohdach, Sandboden, zwei Betten und ein Moskitonetz. Luxus? Fehlanzeige. Aber hey, das Meer ist nur fünf Meter entfernt!

Ich breite mein Handtuch aus, atme tief durch – und schwupps, da stehen sie wieder: die fliegenden Händler. Diesmal mit Eis, Rum und dem Versprechen auf das beste Ceviche der Insel. Am Ende lasse ich mich doch breitschlagen. Eine Coco Loco später ist die Welt in Ordnung – und das improvisierte Fußkettchen ein Souvenir mit Symbolwert.

Wenn die Sonne untergeht, verwandelt sich die Insel. Das Leben zieht sich zurück: Händler verschwinden mit unseren Pesos, Pärchen kuscheln sich in ihre Hütten, Aussteiger schaukeln in Hängematten. Kein Strom, kein WLAN, keine Musik – nur Wellenrauschen. Klingt romantisch, ist aber spätestens ab 21 Uhr ziemlich still. Ich gehe früh schlafen, bereit für elf Stunden Tiefenentspannung.

Am nächsten Morgen: Ruhe. Viel zu viel Ruhe. 6:30 Uhr: Strandspaziergang. 7:30 Uhr: Frühstück. 9:00 Uhr: Buch ausgelesen. 10:30 Uhr: erste Anzeichen von Lagerkoller. Der große Hippie-Traum à la Leonardo DiCaprio („The Beach“) löst sich in Sonnencreme auf. Ich will zurück in die Zivilisation – nach Cartagena, zu Duschen, Menschen und Geldautomaten.

Kurz vor der Abfahrt lassen mich die Strandhändler aber noch einmal wissen, wer hier das Sagen hat. Sie versuchen bis zuletzt, mir die letzten Pesos abzuknöpfen – diesmal bleibe ich hart. Als ich den Hafen von Cartagena wiedersehe, bin ich ehrlich erleichtert. Beton! Strom! WLAN! Menschen, die nicht versuchen, mir Muschelkettchen zu verkaufen! Ein Stück Normalität fühlt sich plötzlich wie Luxus an.

Isla Barú

Geschäftsideen

Santa Marta

Eine Bar eröffnen? In Kolumbien kein Problem. Ein leerer Raum, ein bisschen Farbe – am besten in Gelb, Rot und Blau – ein paar Plastikstühle, ein Lautsprecher und lateinamerikanische Musik in ohrenbetäubender Lautstärke: fertig ist das Geschäftsmodell. Dazu kaltes Bier – PilsenCosteña oder Aguila – und der Laden läuft. Kein Designkonzept, keine Deko, aber jede Menge Lebensfreude. Improvisation ist hier keine Notlösung, sondern Stil.

Nach vier Stunden Busfahrt erreiche ich Santa Marta, die älteste Stadt Kolumbiens – und eine der ersten spanischen Siedlungen auf dem südamerikanischen Festland. 1525 gegründet, diente sie lange als Handelshafen für Gold und Sklaven. Heute ist sie das Tor zum Tayrona-Nationalpark und Ausgangspunkt für Touren in die Sierra Nevada de Santa Marta, das höchste Küstengebirge der Welt.

Gleich nach der Ankunft gönne ich mir ein Fischgericht in einem kleinen Restaurant. Frischer geht’s kaum – die Fischerboote liegen direkt am Strand, der Grill steht daneben. Die Sonne brennt, der Wind weht vom Meer, und ich beginne zu verstehen, warum viele Reisende hier hängen bleiben. Santa Marta hat etwas Raues, Echtes. Es ist keine Postkartenstadt wie Cartagena, sondern eher das Leben selbst – salzig, heiß, ehrlich.

Ich schlendere durch die Altstadt mit ihren engen Gassen, kolonialen Fassaden und bunten Balkonen. Über allem wacht die Basílica de Santa Marta, angeblich die älteste Kirche Südamerikas. Drinnen ist es angenehm kühl, und für einen Moment scheint die Zeit stillzustehen. Draußen tobt das karibische Leben: hupende Motorräder, Straßenhändler, Musik aus allen Richtungen.

An der Strandpromenade wieder das vertraute Bild: fliegende Händler, Schlepper, Leute mit allen erdenklichen „Geschäftsideen“. Jeder kennt jemanden, der Boote verleiht, Ausflüge organisiert oder Schmuck verkauft. Manche flüstern diskret, andere werben lautstark – keiner gibt auf. Ich bewundere diesen Erfindungsgeist, diesen unerschütterlichen Optimismus. Vielleicht sollte ich mir hier eine Bar mieten, die Wände gelb-rot-blau streichen, laute Musik anmachen – und das Leben genießen.

Mein Hostel liegt etwas außerhalb der Stadt, mit Blick auf die Hügel der Sierra Nevada. Abends sitze ich dort in der Hängematte, das Bier kalt, die Luft warm, die Grillen laut. In der Ferne glitzert das Meer. Santa Marta ist kein Ort, der auf Anhieb verführt – aber einer, der wächst. Mit seiner Geschichte, seiner Hitze, seinen Menschen.

Morgen will ich weiter: in den Tayrona-Nationalpark, dorthin, wo der Dschungel bis ans Meer reicht. Ich ahne schon jetzt, dass das Paradies nicht weit ist.

Santa Marta

Dschungel-Trekking

Tayrona Nationalpark

Der Tayrona-Nationalpark zieht sich entlang der Karibikküste Kolumbiens und gilt als einer der schönsten Flecken des Landes. Dicht bewaldete Hügel treffen auf türkisblaues Meer, und irgendwo dazwischen liegen Strände, die so abgeschieden sind, dass man sie sich erst verdienen muss.

Von Santa Marta geht es zunächst 40 Minuten mit dem Bus bis zum Parkeingang, dann weiter mit einem klapprigen Taxi, bevor der eigentliche Marsch beginnt. Rund eine Stunde führt der Weg durch dichten Dschungel – schwül, laut, lebendig. Wer hier nach Mallorca-Komfort sucht, ist falsch: Die Strände des Tayrona liegen nicht neben Hotels, sondern am Ende schweißtreibender Pfade. Und genau das macht ihren Zauber aus.

Ich stapfe los, begleitet vom Rascheln der Blätter und dem Kreischen unsichtbarer Vögel. Auf dem Weg treffe ich zwei Argentinier und einen Amerikaner. Wir plaudern, tauschen Reisegeschichten aus, schwitzen gemeinsam. Nach gut einer Stunde erreichen wir den ersten Strand: Arrecifes. Malerisch, aber mit gefährlicher Brandung – Baden verboten. Also weiter zur Playa La Piscina, einer geschützten Bucht mit ruhigem Wasser. Hier werfe ich mich ins kühle Nass, und plötzlich ist alle Mühe vergessen.

Am Cabo San Juan schlage ich schließlich mein Nachtlager auf. Übernachten kann man in Zelten oder Hängematten, direkt zwischen Palmen und Meer. Wieder einmal gestrandet – fernab der Zivilisation, aber diesmal mit Gesellschaft. Am Abend sitze ich mit anderen Reisenden aus Australien, Schweden und Argentinien am Strand, wir teilen Geschichten, Reisnudeln und ein paar warme Bierdosen. Kein Strom, kein WLAN, nur Wellenrauschen und Sternenhimmel – und genau das ist perfekt.

Die Strände im Tayrona sind wirklich traumhaft. Abgelegen, unberührt, von Palmen gesäumt – Orte, an denen man wunderbar abschalten könnte. 

Aber ich? Ich kann’s nicht. Mein zweiter Versuch, zum Aussteiger à la „The Beach“ zu werden, scheitert erneut. Nach einem Tag Sehnsucht nach Dusche, Schatten und Zivilisation breche ich mein Zelt ab und mache mich auf den Rückweg.

Doch statt direkt nach Santa Marta zu fahren, will ich noch einen Abstecher ins Landesinnere machen – nach Chairama, einer kleinen Siedlung der Nachfahren der Tayrona-Indianer. Der Pfad dorthin zieht sich steil bergauf, und die Hitze macht den Aufstieg zur schweißtreibenden Herausforderung. Keine Kokablätter diesmal – also kämpfe ich mich pur nach oben. Um mich bei Laune zu halten, erkläre ich meinen Mitwanderern unterwegs allerlei Dschungelwissen: Ameisenverhalten, Wasser aus Lianen, Baumringe in den Tropen. Ich glaube, sie sind dankbar – oder einfach zu erschöpft, um zu widersprechen.

Oben angekommen, öffnet sich der Blick über den Dschungel bis zum glitzernden Meer – ein Anblick, der für alles entschädigt. In Chairama selbst leben heute nur noch wenige Familien, Nachkommen der einst 2000 Bewohner. Sie tragen traditionelle weiße Kleidung, sind aber scheu und zurückhaltend. Fotografieren ist tabu, also lasse ich die Kamera stecken – na gut, fast. Ein Schnappschuss aus der Ferne muss sein.

Zwischen alten Terrassenfeldern, überwucherten Stufen und zwei strohgedeckten Hütten spürt man noch den Geist vergangener Zeiten. Hier verbanden die Tayrona schon vor Jahrhunderten Dschungel, Meer und Berge zu einem harmonischen Lebensraum – und man versteht plötzlich, warum dieser Ort heilig war.

Nach einem kurzen Halt geht es weiter, noch einmal zwei Stunden bergab. Die Sonne steht tief, die Luft flimmert, und mit jedem Schritt klingt der Dschungel leiser. Als ich schließlich wieder die Straße nach Santa Marta erreiche, bin ich verschwitzt und müde.. Ein Tag voller Wege, Höhen, Gespräche und stiller Momente. So soll es sein.

Begegnungen und Abschiedsschmerz

Taganga

Meine letzte Woche in Südamerika ist angebrochen – und fast schon vorbei. Früher musste ich anderen Reisenden noch das genaue Rückflugdatum nennen, heute reicht ein einfaches „Montag“. Das sagt alles. Langsam wird klar: Das Abenteuer neigt sich wirklich dem Ende zu.

Nach meiner Rückkehr nach Santa Marta habe ich genug von meinem abgelegenen Hostel und ziehe weiter nach Taganga, ein kleines Fischerdorf nur zehn Minuten entfernt. Viele der Leute aus dem Tayrona-Nationalpark sind bereits hier untergekommen, und das Wiedersehen fühlt sich an wie eine Art Reiseabschluss mit Freunden. Ich finde ein kleines Hostel, schlicht, gemütlich, mit Hängematten und Blick auf die Bucht. Hier lässt es sich aushalten.

Der Strand liegt direkt vor der Tür – kein Traumstrand wie im Tayrona, aber ehrlich, lebendig und voller Alltag. Fischer ziehen ihre Boote an Land, Kinder spielen im Sand, Händler preisen Kokosnüsse und Armbänder an. Ich verbringe die letzten vier Tage meiner Reise damit, Sonne zu tanken, schwimmen zu gehen und das alles bewusst aufzusaugen.

Ich nutze die Zeit, um noch ein Stück Geschichte mitzunehmen, und besuche die Quinta de San Pedro Alejandrino, den Ort, an dem Simón Bolívar, der große Befreier Südamerikas, seine letzten Tage verbrachte. Das koloniale Anwesen ist heute ein Museum – schlicht, aber eindrucksvoll. In den Räumen, in denen Bolívar 1830 starb, werden seine persönlichen Gegenstände und Dokumente gezeigt. Ein stiller Ort, an dem man spürt, wie eng Größe und Vergänglichkeit beieinanderliegen.

Zurück am Strand lerne ich Luis kennen, ein echtes kolumbianisches Original. Er besitzt kaum etwas, verkauft aber mit Stolz handgemachte Armbänder, Gürtel und Flip-Flops in den Nationalfarben. Ich kaufe einen Gürtel – mein neuer Lieblingsgürtel. Luis erklärt mir die Farben: Gelb steht für das Gold, Blau für die Meere, Rot für das vergossene Blut der Freiheit. Ich mag diese einfachen Begegnungen, die ehrlicher sind als jedes Sightseeing.

Mein letzter Tag in Kolumbien bricht an. Ich packe meinen Rucksack – zum letzten Mal – und merke, dass mein Handgepäck inzwischen aus allen Nähten platzt. Nach ein paar letzten Souvenirkäufen bleibt kein Platz mehr, nicht einmal für neue Erinnerungen. Beim Abschied im Hostel werde ich gefragt, wohin es als Nächstes geht. „Nach Hause“, sage ich. Das klingt plötzlich ungewohnt – und ein bisschen traurig.

Das Taxi bringt mich zum Flughafen. Ein letzter Blick auf die Bucht von Taganga: die Sonne glitzert auf dem Wasser, Fischerboote tanzen im Wellengang. Unterwegs halten wir zum Tanken – der Fahrer schließt einen wackeligen Schlauch an die Gasleitung an, und ich frage mich kurz, ob das vielleicht mein finales Abenteuer wird. Aber nein – das Auto schnurrt, ich auch.

Am Flughafen von Santa Marta, umgeben von Palmen und Karibikwind, werfe ich noch einen letzten Blick aufs Meer. Dann ist es Zeit, weiterzufliegen.

Taganga

Allerletzter Stopp

Bogotá

Gegen 15 Uhr komme ich in meinem Hostel in der Altstadt von Bogotá an. Die Hauptstadt Kolumbiens liegt auf rund 2.600 Metern Höhe – und das merkt man sofort. Nach Wochen in tropischer Hitze kommt nun wieder meine lang vermisste warme Kleidung zum Einsatz. Ich hatte mir Bogotá ehrlich gesagt grau, kühl und gefährlich vorgestellt – aber schon nach den ersten Schritten durch die Straßen merke ich, dass die Stadt mich überrascht.

Da ich nur einen Nachmittag Zeit habe, ziehe ich direkt los. Im Zentrum angekommen, lande ich auf der Plaza Bolívar, dem Herz der Stadt. Drei große Gebäudekomplexe dominieren den Platz: die Kathedrale mit der Capilla del Sagrario, der Capitolio Nacional mit seinem mächtigen Säulenportal und die Alcaldía de Bogotá. Am Rand steht der Justizpalast, Schauplatz dramatischer Ereignisse im Jahr 1985, als Guerilleros das Gebäude besetzten und die Armee es stürmte – heute ist davon nichts mehr zu spüren. Tauben flattern über den Platz, Kinder füttern sie, und Straßenmusiker spielen Salsa. Die Sonne taucht alles in ein goldenes Licht. Ich bleibe stehen und denke: Eigentlich ist es hier richtig schön.

Ich hätte gern mehr Zeit – das berühmte Museo del Oro, das Museo Botero, die kleinen Gassen von La Candelaria – alles Orte, die einen weiteren Tag verdient hätten. Aber die Zeit läuft. Ich schieße noch ein paar letzte Fotos, trinke einen Kaffee am Straßenrand und lasse das bunte Treiben auf mich wirken. Es ist mein letzter Abend in Südamerika.

Bevor es ins Bett geht, treffe ich noch Alex, einen Kolumbianer aus Bogotá, den ich vor Jahren in Kambodschakennengelernt habe. Wir hatten uns damals versprochen, uns wiederzusehen, falls ich je in Kolumbien lande – und nun halten wir tatsächlich Wort. In seiner kleinen Wohnung gibt’s Spaghetti zum Abendessen, dazu Dosenbier und jede Menge Gesprächsstoff. Wir reden über Reisen, über das Leben, über Kolumbien. Alex ist fassungslos, als ich ihm erzähle, wie oft mir in Cartagena Drogen angeboten wurden – er schwört, dass das keinem Einheimischen je passiert. Zwei Welten, ein Land.

Es wird spät. Ich sitze am Fenster, schaue auf die Lichter der Stadt und trinke den letzten Schluck Bier. Morgen geht mein Flug – erst nach Europa, dann nach Hause. Mein Rucksack ist gepackt, mein Kopf voll, mein Herz ein bisschen schwer.

Bogotá

Hasta Luego, Südamerika!

Fünf Monate liegen hinter mir – voller Abenteuer, Begegnungen und unvergesslicher Momente. Ich habe Berge bestiegen, durch Dschungel geschwitzt, an Stränden gelegen und Städte erkundet, die lebendiger kaum sein könnten.

Ob Asado in ArgentinienMate in Chile, dünne Luft in Bolivien, geheimnisvolle Linien in Peru, Vulkane in Ecuadoroder Karibikflair in Kolumbien – jeder Tag war anders, jeder Ort ein Erlebnis.

Südamerika war wild, herzlich, chaotisch, wunderschön. Ich reise mit mehr Gepäck zurück, als ich losgeflogen bin – nicht im Rucksack, sondern im Kopf.

Hasta luego, Südamerika – und gracias por todo.

Muhammed-Ali-Moschee

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Das war Kolumbien!

Mein Kolumbien-Kapitel endet mit Sonne, Musik und offenen Armen. Von Cartagena bis Bogotá – dieses Land hat mich überrascht und begeistert.

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