2016 - Ein Roadtrip quer über die iberische Halbinsel: Von Portugals Atlantikküste über die Strände der Algarve bis nach Andalusien und weiter nach Valencia. Zwischen maurischen Palästen, lebendigen Altstädten, Tapas, Paella und ein paar tierischen Begegnungen erleben wir Geschichte, Kultur und Lebensfreude pur.
Bom Dia Lisboa
Lissabon
Endlich mal wieder ein Start von Berlin-Schönefeld. In der Ferne sieht man den Rohbau vom BER – also, es gibt ihn tatsächlich. Ich freue mich schon auf die Eröffnung 2020 (Ironie off).
Mit einer dieser „Billig-Airlines“ geht es Richtung Lissabon. Vorbereitung ist alles: kein Übergepäck, kein zweites Handgepäckstück, keine Millimeterabweichung bei den Koffern. Der Flug verläuft entspannt, und wir landen pünktlich. Mit der U-Bahn fahren wir ins Zentrum – und stellen gleich fest: Selbst im Ausland sind die U-Bahnen meist sauberer als in Berlin. Unsere Unterkunft liegt mitten im Bairro Alto, dem Ausgehviertel. Trotz Bars und Trubel direkt um die Ecke haben wir ein erstaunlich ruhiges Zimmer erwischt.
Schon wenige Schritte weiter locken Restaurants und kleine Bars. Zum Abendessen gibt’s eine kräftige portugiesische Fisch-Brot-Suppe – Stücke vom Fisch, Brotscheiben, würzige Brühe. Bei dem kühlen Wetter genau das Richtige.
Am nächsten Tag geht’s los mit Sightseeing. Start: die Nostalgie-Straßenbahn, Tram 28. Am Praça Martim Moniz heißt es erstmal anstellen – Geduld ist hier Pflicht. Seit 1901 rumpeln die kleinen gelben Eléctricos durch die Stadt und ersetzen die einstigen Pferdewagen. Heute sind sie eine Mischung aus Alltagsverkehrsmittel und Touristenattraktion, da sie wie kaum etwas anderes für Lissabon stehen. Wir ergattern zwei Sitze und fahren quer durch die Stadt, bergauf, bergab.
In der Alfama steigen wir aus und laufen hoch zum Castelo de São Jorge. Die Festung wurde im 11. Jahrhundert von den Mauren errichtet und später von den Portugiesen ausgebaut. Lange diente sie als Königspalast, heute ist sie eines der beliebtesten Ziele der Stadt. Auf den alten Burgmauern klettert man fast von Turm zu Turm – eine echte Bilderbuchburg, inklusive Mittelalterfest mit Schwertkämpfern und Bogenschützen. Zum Glück bleibt das „Friendly Fire“ aus.
Zur Stärkung gönnen wir uns Kaffee – und meine neueste Sucht: Pastéis de Nata. Außen knusprig, innen cremig-süß. Ursprünglich wurden die Törtchen von Mönchen gebacken, die Eigelbreste verwerten wollten. Heute sind sie Portugals berühmteste Süßspeise. Eine echte Kuchendroge! Danach noch ein Spaziergang durch Alfamas enge Gassen, vorbei an Kirchen, Plätzen und wieder Kirchen – bis der Tag sich dem Ende zuneigt.
Wieder Straßenbahn, wieder Schlange. Ziel diesmal: Belém (übersetzt: Bethlehem). Einst eigenständig, gehört es seit 1885 zu Lissabon. Das Kloster Mosteiro dos Jerónimos ist ein Meisterwerk der Manuelinik, einer typisch portugiesischen Variante der Spätgotik. Hier ruht Vasco da Gama, der Entdecker des Seewegs nach Indien. Gleich daneben erhebt sich der Torre de Belém, ebenfalls UNESCO-Weltkulturerbe. Der Wehrturm aus dem 16. Jahrhundert diente einst als Willkommenszeichen für Seefahrer – und gleichzeitig als Bollwerk gegen Angreifer.
Und natürlich: Auch Belém rühmt sich seiner Pastéis – die angeblich besten der Stadt. Ich sage nicht nein.
Am Abend geht’s mit der Fähre nach Cacilhas auf der anderen Tejo-Seite. Ein echter Geheimtipp: alte Industriebauten am Ufer, dann die Restaurants von „Ponto Final“. Dazu köstliches Essen, Fernblick auf die Skyline und ein Sonnenuntergang wie aus dem Bilderbuch.
Und abschließend begegnen wir noch einer besonderen Tradition der Stadt: dem Fado. Dieser melancholische Musikstil gilt als die Seele Portugals – meist vorgetragen von einer Sängerin oder einem Sänger, begleitet von Gitarre und Portugiesischer Gitarre. Die Lieder handeln von Liebe, Sehnsucht, Abschied und der typisch portugiesischen Saudade, einem Gefühl zwischen Wehmut und Hoffnung. Besonders im Viertel Alfama finden sich viele kleine Lokale, in denen Fado live gespielt wird.
Obrigado und Adeus, Lisboa! Schön war’s.
Weinberge, Burgen und der westlichste Punkt des europäischen Festlandes
Cabo de Roca und Sintra
Wir nehmen schweren Herzens Abschied von Lissabon. Mit unserem Mietwagen, einem schnittigen Fiat Twingo, verlassen wir die Stadt in Richtung Westen. Zwei Ziele stehen auf dem Plan: die Kleinstadt Sintra mit ihrer ganzen Region – berühmt für Burgen und Paläste – sowie das Cabo de Roca, den westlichsten Punkt des europäischen Festlandes.
Während wir die Stadt hinter uns lassen (nach einem kurzen Verfahren), passieren wir die Stadien von Benfica und Sporting Lissabon. Beide liegen quasi Tür an Tür – aber dass daraus jemals eine Fanfreundschaft wird, darf bezweifelt werden. Ich halte Andrea an, die Arenen möglichst fotogen festzuhalten.
Hinter den Schnellstraßen beginnt das Município de Sintra. Wir durchfahren Bergdörfer, vorbei an Weinhängen und dichten Wäldern. Die Region ist berühmt für ihre Paläste: jahrhundertelang lebte hier der portugiesische Adel, und weil das Gebiet immer wieder zwischen christlicher und maurischer Herrschaft wechselte, entstanden Burgen in Serie. Heute zählt Sintra gleich mehrere UNESCO-Weltkulturerbestätten.
Nach rund einer Stunde erreichen wir die Steilküste des Atlantiks: das Cabo de Roca. Der Blick auf die schroffe, windgepeitschte Küste ist spektakulär – das sehen auch die zahlreichen Reisegruppen, die alles akribisch dokumentieren. Neben dem Leuchtturm überrascht die üppige Vegetation: bunte Blumenpolster ranken am Hang, obwohl hier der Wind unablässig bläst.
Ein kurzer Spaziergang entlang der Klippen eröffnet grandiose Ausblicke auf Felsvorsprünge und tosende Wellen. Eine Tafel bestätigt offiziell, dass man hier wirklich „am westlichsten Punkt des europäischen Festlandes“ steht – ein Muss für das Erinnerungsfoto.
Weiter geht’s nach Sintra selbst. Auf den ersten Blick ein Bilderbuchstädtchen: enge Gassen, Cafés und kleine Läden. Doch schnell reihen sich Souvenirshops dicht an dicht. Wir stärken uns mit Tapas, bevor wir durch einige Geschäfte bummeln. Vieles ist touristisch, aber es gibt auch hochwertiges Kunsthandwerk: Keramik in allen Formen, Stoffe und Stickereien, Olivenöle – und Produkte aus Kork in schier endloser Vielfalt.
Überraschend oft stolpern wir über die Sardine – in Portugal ein Nationalsymbol. Ob gegrillt auf dem Teller, als bemalte Keramikfigur, als Muster auf Geschirr oder Stoffen: an der Sardine führt in Sintra kein Weg vorbei.
Mangels Zeit verzichten wir auf den Palácio Nacional da Pena, den märchenhaften Palast in grellbunten Farben, und das Castelo dos Mouros, eine alte maurische Festung auf den Hügeln. Stattdessen endet unser Sintra-Ausflug hier – die Strände der Algarve warten.

Von weißen Störchen und goldenen Küsten
Algarve
Wir reisen Richtung Süden – Ziel: die Algarve. Diese portugiesische Region ist berühmt für ihre Steilküsten, spektakulären Buchten und endlosen Strände. Surfer, Taucher, Wanderer, Strandläufer – hier kommt jeder auf seine Kosten. Kein Wunder, dass die Algarve zu den beliebtesten Urlaubsregionen Europas zählt.
Die Fahrt zieht sich, rund vier Stunden im Auto. Dank der mautpflichtigen Autobahn ist die Strecke angenehm leer. Unterwegs fällt uns ein Natur-Spektakel auf: die unzähligen Weißstörche. Auf Strommasten thronen 20, 30, vielleicht 40 Nester – jedes bewohnt. Während die Vögel in Mitteleuropa oft nur Sommergäste sind, überwintern viele Störche in Portugal oder bleiben sogar das ganze Jahr hier. Das milde Klima und das reichhaltige Nahrungsangebot machen die Algarve zu einem der stabilsten Brutgebiete Europas.
In Lagos beziehen wir unsere Unterkunft im maurischen Stil. Der Altstadtkern des Städtchens überrascht mit hübschen Plätzen, engen Gassen und kleinen Läden. Abends locken die Restaurants – wie fast überall an der Algarve mit Schwerpunkt auf Fisch und Meeresfrüchten.
Doch auch die portugiesische Tapas-Kultur („Petiscos“) ist stark: kleine Portionen zum Teilen, perfekt für einen genussvollen Abend.
An den folgenden Tagen geht es an die Strände. Kaum ein Ort in Europa bietet eine solche Vielfalt: kleine, versteckte Buchten wie Praia do Camilo, lange Sandstrände wie Meia Praia und die berühmten Felsformationen an der Ponta da Piedade. Die Sandsteinfelsen ragen bis zu 20 Meter aus dem Meer und schaffen eine dramatische Kulisse. Wir wandern von Bucht zu Bucht – jeder Strand schöner als der vorherige.
Als das Wetter einmal nicht mitspielt, schnüren wir die Wanderschuhe. Auf unserer Karte ist ein Küstenpfad markiert, der bis zum Cabo de São Vicente führt. Das Kap ist nicht nur landschaftlich spektakulär, sondern auch geschichtsträchtig: Hier, am „Ende der Welt“, starteten im 15. Jahrhundert viele portugiesische Entdeckungsreisen. Die Steilküste fällt bis zu 70 Meter tief ins Meer ab, auf den Klippen trotzt der Leuchtturm seit 1846 Wind und Wellen. Wir genießen die dramatischen Ausblicke und spüren die raue Kraft des Atlantiks – ein würdiger Schlusspunkt für unsere Algarve-Tage.

Von Katzenbissen und Küstenstädten
Lagos und Faro
Für meine bessere Hälfte ist es bereits der zweite Besuch an der Algarve – und in Lagos. Versuch Nummer eins endete vor drei Jahren abrupt durch einen Katzenbiss. Während eines Restaurantbesuchs biss ihr ein Tier tief in den Knöchel. Nicht ungefährlich: Katzenbisse können schwere Infektionen verursachen. Genau das passierte – mit Notabreise, starken Antibiotika und einem Gipsverband, um das angeknabberte Bein ruhigzustellen. Nun sind wir zurück und widmen uns der Vergangenheitsbewältigung. Zufällig kommen wir am besagten Restaurant vorbei – und dort sitzt die Täterkatze, wohlgenährt am Eingang. Es geht ihr gut.
Da ist der Schreck wieder präsent. Meine bessere Hälfte hatte nach dem Vorfall die Geschehnisse rund um das Restaurant sogar auf Facebook verfolgt, wo fleißig Bilder von Lokalität und Katze gepostet wurden. Nach diesem überraschenden Wiedersehen können nun beide Frieden schließen.
Lagos selbst ist ein Hingucker. Zwar ist das Zentrum stark touristisch, doch der historische Stadtkern wirkt noch immer authentisch und sympathisch. Stadt und Festungsmauern wurden sowohl unter maurischer als auch christlicher Herrschaft ausgebaut. Heute zählt Lagos rund 30.000 Einwohner, doch ihre Bedeutung reicht weit zurück: Im 15. Jahrhundert war der Hafen Ausgangspunkt zahlreicher Afrika-Expeditionen.
Mit den Schiffen kamen auch Sklaven aus Guinea und dem Senegal nach Europa – 1444 wurde hier einer der ersten Sklavenmärkte auf europäischem Boden eröffnet. Einige Gebäude aus dieser Zeit stehen noch heute.
Das große Erdbeben von 1755 zerstörte weite Teile der Stadt, gefolgt von einer elf Meter hohen Flutwelle. Anschließend wurde Lagos neu aufgebaut, die damalige Stadtmauer umschließt bis heute die Altstadt.
Wir ziehen weiter nach Faro, der Hauptstadt der Algarve. Mit knapp 70.000 Einwohnern ist sie die größte Stadt der Region und zugleich kulturelles wie wirtschaftliches Zentrum. Faro war über Jahrhunderte von Mauren besetzt, bevor sie 1217 von Kreuzrittern zurückerobert wurde. Im 18. Jahrhundert prägte – wie fast überall an der Küste – das Erdbeben von 1755 die Stadt, doch viele Baudenkmäler überstanden oder wurden sorgfältig restauriert.
Die Altstadt ist charmant: schmale Gassen, ein Kloster, das Rathaus und der zentrale Platz – alles von einer historischen Stadtmauer umgeben. Auf den Dächern thronen wieder zahlreiche Storchennester, die fast schon zum Stadtbild gehören. Faro wirkt weniger touristisch als Lagos, dafür etwas ruhiger und ursprünglicher – ein würdiger Abschluss unserer Portugal-Reise.
Hier endet unser Abenteuer: Wir geben den Mietwagen ab und steigen in den Bus nach Spanien.
Andalusiens Herzstück
Sevilla
Portugal war toll – aber das war nur die Hälfte der Reise. Weiter geht’s nach Spanien! Wir geben unseren Mietwagen ab und steigen kurzerhand in den Bus, um die Grenze zu überqueren. Hat ganz einfache Gründe: Ein neues Auto in Spanien zu mieten ist deutlich günstiger, als den alten Wagen mitzunehmen und dort zurückzugeben.
Kaum angekommen, nehmen wir also unseren neuen fahrbaren Untersatz entgegen und steuern direkt unser erstes Ziel an: Sevilla.
Die Hauptstadt Andalusiens liegt am Fluss Guadalquivir und zählt rund 700.000 Einwohner. Sie gilt als eine der schönsten Städte Spaniens – reich an Geschichte, mit maurischem Erbe, prachtvollen Palästen und einer Altstadt, die zu den größten Europas gehört. Bei meinem ersten Besuch war mir Sevilla nur im Dauerregen vergönnt. Diesmal scheint die Sonne, und die Stadt zeigt ihr strahlendes Gesicht. Perfekte Bedingungen, um durch die Gassen zu streifen, Tapas zu probieren und das südländische Lebensgefühl aufzusaugen.
Bekannt ist Sevilla auch kulinarisch: Hier in Andalusien haben die Tapas ihre Hochburg. Ob gegrillte Garnelen, Iberico-Schinken oder gefüllte Pimientos – jede Bar serviert eigene kleine Köstlichkeiten. Der Abendspaziergang von Tapa zu Tapa ist quasi Pflichtprogramm.
Unser kultureller Höhepunkt: die Kathedrale von Sevilla. Sie ist nicht nur das größte gotische Gotteshaus der Welt, sondern nach dem Petersdom in Rom und der St.-Pauls-Kathedrale in London auch die drittgrößte Kirche Europas. Erbaut wurde sie ab 1401 auf den Fundamenten der alten Hauptmoschee der Stadt – und tatsächlich blieb ein Teil davon erhalten: das Minarett, heute bekannt als Giralda, das Wahrzeichen Sevillas. Der Turm verbindet maurische Architektur mit christlichen Elementen und bietet von oben einen grandiosen Blick über die Stadt.
Im Inneren der Kathedrale beeindruckt nicht nur der gigantische Hochaltar, sondern auch ein geschichtliches Detail: Hier befindet sich das Grab von Christoph Kolumbus. Ob die Gebeine tatsächlich vollständig hier liegen, darüber streiten Historiker bis heute. Sicher ist aber: Der Seefahrer, der 1492 Amerika erreichte, hat in Sevilla seine letzte Ruhestätte gefunden – zumindest teilweise.
Direkt neben der Kathedrale liegt der Real Alcázar, eine der schönsten Palastanlagen Europas und UNESCO-Weltkulturerbe. Ursprünglich im 10. Jahrhundert von den Mauren erbaut, wurde er später von den christlichen Königen erweitert – ein Musterbeispiel für die Mischung aus islamischer Kunst und christlicher Architektur, den sogenannten Mudéjar-Stil. Besonders die reich verzierten Innenhöfe mit filigranen Bögen und kunstvollen Azulejos sind atemberaubend. Kein Wunder, dass der Alcázar heute noch als offizielle Residenz der spanischen Königsfamilie in Sevilla dient – und als Drehort für Serien wie Game of Thrones weltbekannt wurde.
Die Stadt selbst ist stark geprägt von ihrer wechselvollen Geschichte. Über 500 Jahre stand sie unter muslimischer Herrschaft, bis 1248 die christlichen Truppen zurückeroberten. Dieses Erbe ist überall sichtbar: in den Palästen, den Fliesen, den Gärten und selbst im Grundriss der Altstadt. Kaum eine Stadt in Spanien vereint so eindrucksvoll islamische, christliche und jüdische Einflüsse wie Sevilla.
Einziger Wermutstropfen: Das Meer fehlt. Der nächste Strand ist einige Kilometer entfernt. Aber das macht nichts – Sevilla ist so beeindruckend, dass man den Badespaß hier kaum vermisst. Für mich ganz klar: eine der Top-Adressen Spaniens, und definitiv ein Ort, an dem man mehrere Tage verbringen sollte.
Ein Stück England am Mittelmeer
Gibraltar
Weiter geht unser Roadtrip – nächster Halt: Gibraltar. Das kleine Überseegebiet liegt an der Südspitze Spaniens, nur knapp 6,8 km² groß, aber weltberühmt. Hier verlässt man im Prinzip Spanien und betritt englischen Boden.
Schon an der Grenze merkt man den Unterschied: englische Straßenschilder, britische Telefonzellen, Pubs, Fish & Chips – und natürlich wird Englisch gesprochen.
Doch warum gehört Gibraltar eigentlich nicht zu Spanien? Die Geschichte reicht zurück ins Jahr 1704, als im Spanischen Erbfolgekrieg britische und niederländische Truppen den Felsen eroberten. Im Frieden von Utrecht (1713) trat Spanien Gibraltar offiziell an Großbritannien ab. Seitdem ist das Gebiet britisch – sehr zum Missfallen der Spanier, die bis heute Anspruch erheben. Für die Briten ist Gibraltar aber strategisch unverzichtbar: Es kontrolliert die Meerenge zwischen Europa und Afrika, die Verbindung zwischen Atlantik und Mittelmeer.
Das Wahrzeichen ist der berühmte Felsen von Gibraltar, 426 Meter hoch und schon von weitem sichtbar. Um ihn rankt sich eine Legende: Solange die Berberaffen hier leben, bleibt Gibraltar britisch. Würden die Tiere verschwinden, würde das Gebiet an Spanien zurückfallen. Kein Wunder also, dass die einzige wild lebende Affenkolonie Europas hier gehegt und gepflegt wird. Historiker sind sich uneins, ob die Tiere von den Mauren aus Nordafrika eingeführt wurden oder selbst den Sprung über die Meerenge geschafft haben. Jedenfalls gehören sie heute genauso zum Bild wie rote Doppeldeckerbusse in London.
Wir machen nur eine kurze Stippvisite, fahren mit dem Auto einmal um den Felsen herum. Die schmale Küstenstraße bietet spektakuläre Ausblicke – auf den Felsen selbst, auf die Stadt und natürlich auf die Straße von Gibraltar. Bei klarer Sicht sieht man bis nach Marokko – und wir haben Glück.
Ein kurzer Halt bei den Affen, ein paar Fotos, die Aussicht genießen – und schon war’s das mit Gibraltar. Ein spannender kleiner Abstecher, der zeigt, wie nah und gleichzeitig wie fern sich Kulturen anfühlen können.

Das Tor zu Andalusien
Málaga
Nächster Halt auf unserer Tour: Málaga. Die Stadt ist mit rund 580.000 Einwohnern die zweitgrößte Andalusiens nach Sevilla – und gleichzeitig so etwas wie ein Sinnbild für die Region. Andalusien steht für Sonne, Hitze, Lebensfreude, Flamenco und Stierkampf. Hier wird das spanische Temperament gelebt: offen, herzlich, manchmal ein wenig laut, aber immer voller Energie. Der andalusische Akzent gilt als besonders melodisch – auch wenn er für Spanischlernende nicht immer leicht zu verstehen ist.
Nicht umsonst hat meine bessere Hälfte Andalusien einst als Ziel für ihr Auslandssemester gewählt. Sie kennt hier viele schöne Ecken und Spots – und führt mich entsprechend souverän durch die Stadt. Auch ich war schon einmal hier, sodass wir beide den entspannten Rhythmus Málagas sofort wieder aufnehmen.
Beim Schlendern durch die Altstadt stoßen wir auf Spuren vergangener Kulturen. Die Römer hinterließen ein gut erhaltenes Teatro Romano aus dem 1. Jahrhundert v. Chr., direkt unterhalb der maurischen Festung. Später prägten die Mauren das Stadtbild: Das Castillo de Gibralfaro und die Alcazaba zeugen von ihrer Herrschaft.
Von oben hat man einen großartigen Blick über die Stadt und den Hafen – ein Aufstieg, der sich unbedingt lohnt.
Das heutige Málaga wirkt weltoffen, jung und lebendig. Zwar nicht so monumental wie Sevilla oder Barcelona, aber dafür sehr angenehm zum Leben: nette Leute, kleine Gassen, Plätze voller Cafés. Besonders bekannt ist die Feria de Málaga, ein einwöchiges Volksfest im August. Dann verwandelt sich die Stadt in eine einzige Feiermeile mit Flamenco, Konzerten und ausgelassener Stimmung – ich habe das bei einem früheren Besuch miterlebt, ein echtes Spektakel. Diesmal lassen wir es ruhiger angehen.
Stattdessen genießen wir das Wetter, schlendern an der langen Strandpromenade entlang und probieren eine Spezialität: frisch gegrillte Espetos de Sardinas – Sardinen, die direkt auf dem Strandfeuer zubereitet werden. Einfach, aber unglaublich lecker.
So gehen zwei entspannte Tage in Málaga zu Ende. Eine Stadt, die vielleicht nicht so sehr glänzt wie andere spanische Metropolen, aber mit Lebensfreude, Herzlichkeit und einem ganz eigenen Charme überzeugt.
Die Stadt am Fuße der Sierra Nevada
Granada
Auf einer Andalusien-Tour darf ein Ziel natürlich nicht fehlen: Granada. Eingebettet in die Ausläufer der Sierra Nevada, liegt die Stadt malerisch am Fluss Darro. Von hier aus sind es nur 40 Kilometer bis zu den Skigebieten der Sierra – man kann also tatsächlich an einem Tag Ski fahren und später unten in den Orangenhainen die Sonne genießen. Granada zählt heute etwa 230.000 Einwohner und gilt als eine der schönsten Städte Spaniens, geprägt von einer Mischung aus maurischem Erbe, Renaissance-Palästen und barocker Kirchenarchitektur.
Das unangefochtene Highlight ist die Alhambra – ein Wahrzeichen Andalusiens und eines der bekanntesten Bauwerke Spaniens. Ursprünglich entstand die Anlage im 13. Jahrhundert unter der Herrschaft der Nasriden-Dynastie, der letzten muslimischen Herrscher auf der Iberischen Halbinsel. Aus einer unscheinbaren Festung wurde ein prachtvoller Palastkomplex mit filigranen Säulenhallen, kunstvollen Stuckarbeiten und weitläufigen Gärten. Ihr Name leitet sich vom Arabischen al-Ḥamrāʼ ab, was „die Rote“ bedeutet – eine Anspielung auf das rötliche Gestein der Mauern.
Besonders beeindruckend sind die Nasridenpaläste, allen voran der Löwenhof mit seinen zwölf marmorneren Löwen, die einen Brunnen tragen. Ein Meisterwerk islamischer Kunst, bei dem Wasser als Symbol für Leben und Reinheit in raffinierte Kanäle und Becken geleitet wird. Ebenso faszinierend: der Saal der Zwei Schwestern, dessen Stuckdecke wie ein filigranes Sternengewölbe wirkt – eine Steinmetzarbeit, die ihresgleichen sucht.
Später, nach der Rückeroberung durch die Katholischen Könige 1492, wurde die Alhambra teilweise umgestaltet: Karl V. ließ im 16. Jahrhundert mitten im Palastareal seinen eigenen Renaissance-Palast errichten – ein Symbol der neuen christlichen Macht. Heute wirkt der massive Bau fast wie ein Fremdkörper zwischen den feinen maurischen Strukturen, ist aber selbst ein bedeutendes Beispiel für Renaissance-Architektur in Spanien.
Eine Anekdote rankt sich um den Untergang Granadas: 1492 übergaben die Nasriden die Stadt an Ferdinand und Isabella. Der letzte Emir, Boabdil, soll beim Verlassen der Stadt einen letzten Blick zurück auf die Alhambra geworfen und bitterlich geweint haben. Noch heute erinnert daran der „Suspiro del Moro“ – der Seufzer des Mauren.
Wir besuchen die Anlage ausgiebig: spazieren durch die Gärten des Generalife, einst Sommerresidenz der Herrscher, mit plätschernden Brunnen und duftenden Blumen. Abends genießen wir den Blick auf die beleuchtete Alhambra vom gegenüberliegenden Albaicín, dem alten maurischen Viertel – ein Anblick, der wirklich magisch ist.
Granada selbst hat noch viel mehr zu bieten: barocke Kirchen, lebendige Plätze und natürlich Tapas, die hier oft kostenlos zur Bestellung eines Getränks serviert werden. So lassen wir den Tag ausklingen – bei Wein, Tapas und einem letzten Blick auf die rot leuchtende Festung.
Ein Wiedersehen mit meiner Erasmus-Stadt
Alicante
Weiter geht es nach Alicante – für mich ein ganz besonderer Stopp, denn hier habe ich mein Auslandssemester verbracht. Damals habe ich mir die Stadt ausgesucht, weil ich hier gutes Castellano lernen wollte – und rückblickend war das eine hervorragende Entscheidung.
Alicante liegt an der Costa Blanca, der „weißen Küste“ im Osten Spaniens, im Herzen der Region Levante. Die Stadt hat rund 330.000 Einwohner und verbindet wie kaum ein anderer Ort mediterranes Flair mit urbanem Leben: Strand, Hafen, Altstadt – alles nah beieinander. Seit meinem letzten Besuch hat sich viel getan: Plätze und Promenaden wurden herausgeputzt, die Stadt wirkt moderner und gleichzeitig noch einladender als früher.
Über der Stadt thront das Castillo de Santa Bárbara, eine Festung aus dem 9. Jahrhundert, die ursprünglich von den Mauren errichtet und später von den Christen ausgebaut wurde. Man kann bequem mit dem Fahrstuhl vom Strand aus hochfahren – wir wählen aber den schöneren Weg: zu Fuß entlang der alten Stadtmauern. Der Aufstieg dauert etwa ein bis zwei Stunden, je nach Tempo, und eröffnet immer wieder herrliche Blicke auf Stadt, Strand und Hafen. Oben angekommen erwarten uns alte Mauern, ein paar ausgestellte Kanonen und Rüstungen – nicht spektakulär, aber authentisch. Das eigentliche Highlight ist die Aussicht über Alicante und das Mittelmeer.
Mit dem Castillo ist auch eine Legende verbunden: Schaut man von unten vom Strand hoch, erkennt man im Fels das „Cara del Moro“, das „Gesicht des Mauren“. Der Legende nach verliebte sich die Tochter eines maurischen Königs in einen christlichen Ritter. Der König verbot die Liebe und stellte ein scheinbar unmögliches Ultimatum: Nur wenn es im heißen Alicante schneien würde, dürften die beiden heiraten. Aus Verzweiflung flehte die Prinzessin die Götter an – woraufhin die Mandelbäume in voller Blüte standen und das Land wie mit Schnee überzogen. Der König aber blieb unerbittlich, und die Legende erzählt, dass sein Gesicht aus Schmerz und Wut im Felsen versteinert sei – noch heute zu sehen.
Nach dem Burgbesuch schlendern wir durch die Altstadt, das Barrio de Santa Cruz. Weiße Häuser, enge Gassen, bunte Blumentöpfe an den Wänden – es ist das malerischste Viertel der Stadt. Am Abend sitzen wir auf der Explanada de España, der berühmten Promenade, deren wellenförmiges Mosaikpflaster ikonisch ist. Cafés, Palmen, Meeresbrise – mediterranes Lebensgefühl pur. Natürlich kehren wir auch ins Barrio ein, essen in kleinen Restaurants und genießen den Charme dieser lebendigen Altstadt.
Für mich fühlt sich Alicante an wie ein zweites Zuhause – vertraut und gleichzeitig immer wieder neu zu entdecken. Nach zwei erfüllten Tagen heißt es Abschied nehmen, denn unser letzter Stopp wartet: Valencia.
Paella, Fallas und viel Lebensfreude
Valencia
Letzter Halt unserer Reise: Valencia. Ich mag diese Stadt sehr – sie ist groß genug, um echtes Großstadtflair zu versprühen, aber nicht so überlaufen und stressig wie Barcelona oder Madrid. Valencia vereint alles: eine wunderschöne Altstadt, lebendige Ausgehviertel, Strände, Kultur und Gastronomie. Genau diese Mischung macht die Stadt für mich so spannend – und ich freue mich jedes Mal, wieder hier zu sein.
Wir beginnen mit einem Bummel durch die Altstadt. Mittelpunkt ist die Kathedrale von Valencia, ein gotisches Bauwerk mit romanischen und barocken Elementen. Berühmt ist sie auch deshalb, weil hier angeblich der Heilige Gralaufbewahrt wird – der Kelch, aus dem Jesus beim letzten Abendmahl getrunken haben soll. Ob das stimmt, bleibt offen, aber es macht die Kathedrale zu einem besonderen Ort. Ich traue mich auf den Miguelete, den achteckigen Glockenturm. Nach über 200 Stufen eröffnet sich ein fantastischer Blick über die Dächer der Stadt.
Kulinarisch ist Valencia ein Muss: Die Paella hat hier ihren Ursprung. Ursprünglich war sie ein einfaches Bauerngericht, bei dem Reis mit allem kombiniert wurde, was gerade verfügbar war – meist Hühnchen, Kaninchen, grüne Bohnen und Schnecken. Erst später entwickelte sich die Meeresfrüchte-Variante, die heute international bekannter ist. Natürlich probieren wir eine klassische Paella Valenciana.
Außerdem typisch: Horchata, ein erfrischendes Getränk aus Erdmandeln (chufas), Wasser und Zucker, das eiskalt serviert wird – süß, nussig und perfekt für heiße Tage.
Ein besonderes Markenzeichen der Stadt ist der ehemalige Flusslauf des Turia. Nach einer verheerenden Überschwemmung 1957 wurde der Fluss umgeleitet – sein altes Bett durchzieht heute als grünes Band die ganze Stadt. Parks, Sportanlagen, Spielplätze und Radwege machen den Jardín del Turia zu einer der schönsten Stadtanlagen Europas.
Am östlichen Ende des Flussbetts liegt die Ciudad de las Artes y las Ciencias, die „Stadt der Künste und Wissenschaften“. Entworfen vom Stararchitekten Santiago Calatrava, wirkt der futuristische Komplex wie aus einer anderen Welt: ein Wissenschaftsmuseum, ein Planetarium, ein Opernhaus und das größte Aquarium Europas, das L’Oceanogràfic. Auch wenn das Aquarium nicht unumstritten ist, beeindruckt die Architektur mit ihren weißen Bögen und geschwungenen Formen enorm – ein echtes Wahrzeichen Valencias.
Valencia ist außerdem für eines der spektakulärsten Volksfeste Spaniens bekannt: die Fallas. Wochenlang bereitet sich die Stadt darauf vor, über hundert meterhohe Figuren aus Pappe und Holz entstehen in Handarbeit, oft mit satirischem oder politischem Bezug. 2002 habe ich dieses Fest erstmals erlebt: tagsüber spaziert man durch die Stadt, bewundert die monumentalen Figuren, abends wird gefeiert, getanzt, getrunken. Höhepunkt ist die Cremà, wenn in der letzten Nacht alle Figuren feierlich verbrannt werden – ein Feuerwerk aus Flammen, Musik und Emotionen. Ein unvergessliches Erlebnis.
Diesmal lassen wir es ruhiger angehen: Sonne genießen, am Stadtstrand entspannen und durch die Gassen der Altstadt schlendern. Valencia hat einfach eine Leichtigkeit, die ansteckt – und ist der perfekte Abschluss unserer Iberien-Tour.
Das war der Portugal & Spanien!
Am Ende bleiben viele Eindrücke: goldene Küsten, weiße Städte, rote Burgen, grüne Parks – und dazu das Gefühl, dass Portugal und Spanien an Vielfalt kaum zu übertreffen sind. Iberien hat uns verzaubert, und wir nehmen Erinnerungen mit, die weit über Fotos hinausgehen.
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