2009 (und 2018) - Zwischen Skyline und Regenwald, Streetfood und Hightech-Gärten! Von Singapurs glänzender Ordnung geht es weiter nach Malaysia – ins Land der Kontraste. Zwischen Dschungel, Tempeln und Türmen zeigt Südostasien hier zwei Gesichter: perfekt organisiert und wunderbar unperfekt.
Von Löwen, Lichtern und fliegenden Eichhörnchen
Singapur
Kaum größer als Hamburg, aber mit mehr Wolkenkratzern, mehr Regeln und definitiv mehr Klimaanlagen. Eine Stadt, die auf den ersten Blick perfekt wirkt, fast zu perfekt. Doch wer genauer hinsieht, merkt schnell: Hinter all dem Glas und Grün steckt eine faszinierende Mischung aus Disziplin, Vielfalt und einem fast trotzigem Lebenswillen.
Der Name geht auf eine alte Legende zurück: Ein Prinz aus Sumatra landete einst an dieser Küste, sah angeblich einen Löwen und deutete das als gutes Omen. Also gründete er an dieser Stelle eine Stadt – Singapura, die „Löwenstadt“. Historisch gesehen war es wohl eher ein Tiger, aber Legenden sind ja nicht zum Nachprüfen da.
Später wurde Singapur britische Kronkolonie und diente als wichtiger Handelshafen zwischen Indien, China und Europa. Im Zweiten Weltkrieg besetzten die Japaner die Insel, danach übernahmen wieder die Briten, bis Singapur 1965 endgültig unabhängig wurde. Heute ist es einer der modernsten Stadtstaaten der Welt – sauber, sicher und erstaunlich grün für eine Metropole mit über fünf Millionen Einwohnern.
Ich starte meinen Stadtrundgang am Singapore River, wo alte Lagerhäuser zu trendigen Bars umgebaut wurden. Weiter geht’s durch das Finanzviertel mit seinen spiegelnden Fassaden, vorbei an der eleganten Fullerton Bridge und hinein in Marina Bay, wo alles ein bisschen zu futuristisch wirkt, um echt zu sein. Das Marina Bay Sands mit seinem Dachpool über den Wolken ist das Sinnbild dieses neuen Singapur: luxuriös, spektakulär – und immer ein bisschen über sich selbst hinauswachsend.
Ein paar Straßen weiter dann das Kontrastprogramm: Chinatown, mit dampfenden Garküchen, Tempeln und Kräuterständen. Keine 15 Minuten entfernt liegt Little India, wo Räucherstäbchen und Gewürze die Luft füllen.
Und mittendrin immer wieder Parks, Palmen, gepflegte Grünflächen – alles in bester Ordnung. Selbst der Dschungel wirkt hier organisiert.
Singapur ist diszipliniert, effizient, beinahe pedantisch – aber nie langweilig. Es ist diese Balance aus Regelwerk und Lebensfreude, die die Stadt so besonders macht. Man kann nachts allein durch dunkle Gassen laufen, überall mit Karte zahlen und dabei das Gefühl haben, in einer Zukunftsversion Asiens zu sein.
Mein persönliches Highlight ist der Night Safari, der wohl berühmteste Nachtzoo der Welt. Statt Gitter und Glas gibt es offene Gehege, getrennt nur durch natürliche Gräben und cleveres Lichtdesign. Während man mit einem kleinen Zug durch die Dunkelheit rollt, huschen Schatten vorbei – Elefanten, Nashörner, Leoparden. Überall knackt und raschelt es, und manchmal ist man sich nicht ganz sicher, ob das Tier im Gebüsch Teil der Show ist.
Besonders in Erinnerung bleibt mir ein fliegendes Eichhörnchen – oder besser gesagt: eine fliegende Attacke. Das Tier segelte aus dem Dunkel direkt auf uns zu, nur um im letzten Moment elegant abzudrehen. Sekunden später flatterten riesige Fledermäuse über unsere Köpfe. Ein bisschen wie „Jurassic Park“, nur mit mehr Fell und weniger Soundtrack.
Nach diesem Erlebnis verlasse ich den Zoo mit leicht erhöhtem Puls, aber breitem Grinsen. Singapur hat mich überrascht – nicht mit Chaos oder Exotik, sondern mit Ordnung, Offenheit und einer Prise Wahnsinn im Detail. Eine Stadt, die es schafft, modern zu sein, ohne kalt zu wirken. Und die beweist: Auch Perfektion kann Charakter haben – solange irgendwo ein fliegendes Eichhörnchen lauert.
Singapur 2018 – Zwischenstopp mit Baby und Blick nach vorn
Singapur
Neun Jahre später bin ich wieder in Singapur – diesmal nicht mit Rucksack, sondern mit Kinderwagen. Elternzeit statt Abenteuerreise, Wickeltasche statt Backpack. Singapur ist unser Zwischenstopp auf dem Weg nach Neuseeland – perfekt organisiert, klimatisiert und (fast) babykompatibel.
Zwei Tage Sightseeing bei 33 Grad und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit – klingt wie ein Selbstversuch, fühlt sich auch so an. Wir spazieren durch den Orchideengarten, wo alles so ordentlich blüht, dass man fast den Eindruck hat, jemand hätte jede Blüte einzeln gebürstet. Danach geht’s weiter in die Gardens by the Bay – diesen futuristischen Park mit den riesigen Stahlbäumen, die nachts leuchten, singen und vermutlich heimlich auch die Luftfeuchtigkeit regulieren. Selbst die Natur hat hier WLAN.
Singapur bleibt sich treu: alles funktioniert, nichts ist dem Zufall überlassen. Sogar im Park gibt’s Rolltreppen. Zwischen den Hightech-Bäumen suchen wir Schatten, stillen das Baby und sind uns kurz sicher, in der wohl saubersten Dschungelversion der Welt zu sitzen.
Und trotzdem: irgendwie ist es herrlich. Diese Stadt schafft es, hypermodern zu sein, ohne unnahbar zu wirken. Jeder Bus ist pünktlich, jeder Mülleimer glänzt – und trotzdem fühlt man sich willkommen. Vielleicht, weil Singapur nicht so tut, als wäre es ein Abenteuer. Es ist einfach eins – nur eben mit Klimaanlage und funktionierendem Fahrstuhl.
Ein Zwischenstopp wie aus dem Reiseprospekt: kurz, heiß, durchorganisiert – und genau richtig. Danach geht’s weiter nach Neuseeland. Aber irgendwie bleibt das Gefühl, dass auch in dieser futuristischen Stadt zwischen Glas, Stahl und Orchideen noch genug Platz ist – für Windeln, Kinderwagen und eine kleine Portion Chaos im großen System.
Und dann ist da noch dieses Hotel mit dem Rooftop-Pool, das aussieht, als hätte jemand ein Raumschiff auf drei Hochhäuser gelegt – das Marina Bay Sands. Diesmal bleibe ich am Boden und schaue nur von Weitem. Vielleicht beim nächsten Mal, wenn das Kind schwimmen kann. Oder zumindest stillsitzen.
Malaysia – Von Dschungelträumen und Großstadtdschungel
Borneo
Ich verlasse Singapur und reise Richtung Kuala Lumpur. Doch während der Zug gemächlich durch die Landschaft ruckelt, gehen meine Gedanken zurück – nach Borneo. Denn das ist nicht mein erster Stopp in Malaysia. Einige Tage zuvor war ich in Kota Kinabalu, auf jener wilden, grünen Insel, die man fast schon riechen kann, bevor man sie sieht: feucht, heiß, uralt.
Borneo – eine der größten Inseln der Welt – gehört politisch gleich drei Ländern: Indonesien im Süden, Malaysia im Norden und ein kleines Stück an Brunei. Der malaysische Teil teilt sich in die Bundesstaaten Sabah und Sarawak, und Kota Kinabalu ist die lebendige Hauptstadt Sabahs – ein quirliger Ort zwischen Meer und Bergen, wo Märkte, Moscheen und Garküchen um Aufmerksamkeit buhlen. Hier riecht es nach Fisch, Diesel und Regen – eine Mischung, die man erst seltsam, dann vertraut findet. Über allem thront der Mount Kinabalu, majestätisch in der Ferne und fast immer von Nebel umhüllt.
Von hier starten viele Touren in die umliegenden Regenwälder, in Nationalparks oder entlang der Küste. Mein Ziel liegt im grünen Herzen Borneos, wo sich der Regenwald noch immer gegen die Motorsägen wehrt.
Ich besuche eine Auffangstation, eine Art Waisenhaus für verwaiste Orang Utans. Manche wurden von Holzfällern vertrieben, andere haben ihre Mütter durch die Abholzung verloren. In großen Gehegen lernen sie wieder, was sie eigentlich instinktiv können sollten: klettern, fressen, frei leben. Von Baum zu Baum hangeln sie sich, als wollten sie zeigen: Wir schaffen das schon.
Und während sie ihre Kunststücke vorführen, geht einem das Herz auf – und gleichzeitig bricht es ein Stück weit. Denn außerhalb des Schutzgebiets sieht man, was sie bedroht.
Bei einem Ausflug in den Dschungel wird es noch deutlicher: Zwischen den dichten Baumriesen klaffen immer wieder kahle Schneisen. Wo früher Urwald war, wachsen nun Ölpalmen in Reih und Glied. Malaysia ist einer der größten Produzenten von Palmöl – jenem Rohstoff, der in unzähligen Produkten steckt, von Schokolade bis Shampoo, und inzwischen auch für Biodiesel gebraucht wird. Ironischerweise will man damit die Umwelt schonen – und zerstört sie dabei weiter. Wer einmal auf einen solchen Brandrodungsplatz blickt, versteht, was das bedeutet: Rauch, Stille, kein Leben mehr.
Nach diesen Eindrücken hilft nur eines: abschalten, essen, reden. Unser Guide organisiert ein improvisiertes Barbecue mitten im Grünen. Es gibt Fisch, Reis, Gemüse – und Geschichten. Eine alte Frau mit kaum mehr als einer Handvoll Zähnen gesellt sich dazu, prostet uns mit Bier zu, lacht. Irgendwann sind auch die letzten skeptischen Blicke verschwunden, und der Grillnachmittag wird zu einem dieser Momente, die man nicht plant, aber nie vergisst.
Viel gelernt, viel gesehen, viel gegessen – so endet meine Zeit auf Borneo. Als der Zug nach Kuala Lumpur weiterrollt, rauschen Palmen, Felder und Dörfer vorbei. Der Dschungel liegt hinter mir, die Großstadt voraus. Doch das Gefühl von Borneo bleibt – wild, ehrlich, und irgendwie verletzlich.
Vom Dschungel in den Großstadt-dschungel
Kuala Lumpur
Die Stadt empfängt mich mit 35 Grad, hupenden Autos und dem süßlich-scharfen Duft von Straßenküchen. Nach den stillen Tagen auf Borneo wirkt Kuala Lumpur wie ein Wachrüttler mit Extra-Koffein. Hochhäuser glitzern, Mopeds drängeln, Verkäufer rufen – und ich? Mittendrin, leicht überfordert, aber neugierig wie immer.
Kuala Lumpur – oder kurz KL, wie es alle nennen, die länger als zwei Stunden hier waren – ist laut, voll, manchmal anstrengend, aber nie langweilig. Die Stadt wirkt, als hätte jemand Indien, China und London in einen Wok geworfen, einmal kräftig umgerührt – und das Ergebnis mit Chili abgeschmeckt. In Little India riecht es nach Gewürzen und Goldschmuck, in Chinatown nach gebratenem Reis und Abenteuer. Dazwischen glänzen Shoppingmalls in Klimaanlagen-Dauerbetrieb.
Natürlich darf der Pflichtbesuch bei den Petronas Towers nicht fehlen – diesen beiden Stahlgiganten, die einst die höchsten Gebäude der Welt waren. Sie wirken, als würden sie die ganze Stadt zusammenhalten, elegant und überheblich zugleich. Ich bleibe lieber unten, trinke einen Eiskaffee und beobachte, wie sich Touristen millimetergenau für das perfekte Selfie positionieren – bis das Foto am Ende doch aussieht wie bei allen anderen.
Ein echter Höhepunkt – im wahrsten Sinne – sind die Batu-Höhlen, etwa 13 Kilometer außerhalb der Stadt. Schon am Fuß der Treppe steht sie: die goldene Statue des Kriegsgottes Murugan, 42 Meter hoch, glitzernd wie frisch vergoldet und so imposant, dass selbst die Sonne kurz innehält.
Von dort führen 272 bunte Stufen hinauf, vorbei an betenden Pilgern, schnaufenden Touristen und jeder Menge Affen, die nur auf den nächsten Snackklau warten.
Oben öffnet sich der Eingang zu einer gewaltigen Kalksteinhöhle – kühl, feucht und mystisch. Lichtstrahlen fallen durch Löcher in der Decke, während Gebete, Räucherstäbchen und das Rufen der Affen sich zu einer ganz eigenen Melodie mischen. Innen steht ein Hindu-Schrein, geschmückt mit Blumen, Opfergaben und bunten Figuren. Gläubige lassen sich segnen, Kinder lachen, irgendwo klimpert eine Glocke – und mittendrin ein Priester, der versucht, einen besonders frechen Affen mit einer Steinschleuder zu vertreiben. Religion trifft Alltag, und beides funktioniert erstaunlich gut nebeneinander.
Zurück in der Stadt wartet der nächste Kontrast: glitzernde Malls, hupende Taxis, Straßen voller Leben. KL ist anstrengend, faszinierend und herzlich zugleich – eine Stadt, die sich nicht entscheiden will, ob sie modern oder traditionell, laut oder leise sein soll. Wahrscheinlich ist genau das ihr Charme.
Nach Tagen voller Tempel, Türme und tropischer Temperaturen zieht es mich weiter Richtung Meer. Nach so viel Kultur, Chaos und Curry habe ich mir eine Woche Ruhe redlich verdient. Also ab nach Phuket – Sonne, Sand und das gute Gefühl, den malaysischen Großstadtdschungel lebend hinter mir gelassen zu haben.
Badeparadiese? Nicht diesmal.
Wer Malaysia bereist, kommt an seinen Stränden kaum vorbei. Namen wie Langkawi, Tioman oder Penang klingen nach Postkarten, Cocktails und Palmen im Sonnenuntergang – und genau das sind sie auch.
Langkawi, im Nordwesten nahe der thailändischen Grenze, lockt mit türkisblauem Wasser, weißen Buchten und schicken Resorts. Tioman an der Ostküste ist kleiner, wilder, fast noch unberührt – ein Ort, an dem sich Taucher und Dschungelfreunde gleichermaßen verlieren können. Und Penang? Ein Mix aus Kolonialflair, Streetfood und Strand, wo Kultur und Kokosnussmilch Hand in Hand gehen.
Klingt traumhaft. Nur: Ich fahre vorbei. Nicht, weil es dort nichts zu erleben gäbe – sondern weil ich anders reise. Sand zwischen den Zehen ist schön, aber kein Muss. Statt Handtuch und Hängematte stehen bei mir Begegnungen, Städte und Geschichten im Mittelpunkt. Außerdem wartet ja schon der nächste Strand: Phuket. Sonne, Meer, Entspannung – aber bitte als Zwischenstopp, nicht als Konzept.
So lasse ich Malaysias Badeparadiese links liegen und bleibe bei dem, was mir auf dieser Reise wichtiger ist: Bewegung statt Müßiggang, Neugier statt Nickerchen – und ein bisschen Abenteuer statt All-inclusive.
Das waren Singapur & Malaysia!
Zwei Länder, zwei Welten – und doch nur ein Zug voneinander entfernt. Singapur steht für Zukunft, Malaysia für Ursprung. Zusammen erzählen sie, wie Asien tickt: laut, lebendig, widersprüchlich – und immer mit einem Lächeln dazwischen.
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