Manchmal reicht schon ein Wochenende, um Urlaubsgefühl zu tanken. Unser Ziel diesmal: Amsterdam – die Stadt der Grachten, Giebelhäuser und Fahrräder. In fünfeinhalb Stunden bringt uns der Zug aus Berlin ins Herz der Niederlande. Dort wartet ein Mix aus Geschichte und Gegenwart, aus alten Kaufmannshäusern und stillen Kanälen. Drei Tage, kurz und intensiv – und genug, um zu verstehen, warum Amsterdam seit Jahrhunderten Reisende begeistert.

Amsterdam – Anreise ins Gewusel

Was gibt es Schöneres, als einfach mal rauszukommen, den Alltag für ein Wochenende hinter sich zu lassen und Urlaubsfeeling aufzusaugen – auch wenn’s nur zwei Tage sind. Genau das ist unser Plan: Amsterdam ruft.

Mit dem Bummelzug geht’s am Freitagnachmittag los, fünfeinhalb Stunden aus Berlin – plus die obligatorischen Verspätungsminuten, versteht sich. Doch im Grunde ist die Fahrt ein Katzensprung, und so stehen wir am frühen Abend schon am Amsterdamer Hauptbahnhof. Was uns dort erwartet, könnte man kurz mit „Menschen, Boote, Wahnsinn“ überschreiben.

Denn wie wir schnell erfahren, haben wir uns nicht irgendein Wochenende ausgesucht, sondern das Festival SAIL Amsterdam erwischt. Alle fünf Jahre findet dieses maritime Großereignis statt, bei dem Hunderte Schiffe in den Hafen einlaufen – von der kleinen Fischerbarkasse bis zum stattlichen Dreimaster. Entsprechend pilgern auch Tausende Besucher:innen in die Stadt. Plötzlich wird uns klar, warum die Hotelpreise noch ein bisschen höher waren als sonst.

Wir verlassen den Bahnhof und tauchen direkt ins volle Leben: Bars, Cafés, Restaurants, und überall Menschen. Es riecht unverkennbar nach Marihuana, ein Geruch, der sich in Amsterdam offenbar ebenso fest etabliert hat wie Grachten, Fahrräder und Tulpen. Willkommen in der niederländischen Hauptstadt!

Ein paar Fakten am Rande: Amsterdam zählt rund 900.000 Einwohner und ist damit die größte Stadt der Niederlande. 

Weltweit bekannt ist sie nicht nur für ihre Grachten (UNESCO-Weltkulturerbe!), sondern auch für ihre liberale Kultur, ihr quirliges Nachtleben und – nicht zu vergessen – ihre bewegte Geschichte als Handelsmetropole des Goldenen Zeitalters im 17. Jahrhundert. Damals stiegen die Amsterdamer Kaufleute zu den reichsten Europas auf, die berühmte Börse entstand, und noch heute zeugen prächtige Patrizierhäuser vom Glanz jener Zeit.

Wir aber stürzen uns erst mal ins Hier und Jetzt. Unser Quartier für die nächsten zwei Nächte ist ein Hostel mit Cubes – minimalistische Zimmer mit Bett, Schränkchen und… ja das war’s. Das Zimmer ist quasi waagerecht geteilt. Von der anderen Seite führt eine zweite Tür zum anderen Teil des Miniwürfels. Alles winzig, aber sauber, und für unser Wochenende absolut ausreichend. Schließlich wollen wir hier nicht Wurzeln schlagen, sondern nur Kraft tanken.

Noch einmal wagen wir uns in die Straßen, hungrig auf Abendessen und erste Eindrücke. Das Viertel ist ein brodelnder Kessel: Straßen voller Feiernder, dichte Menschenmengen, Musik aus allen Richtungen – und, wie sollte es anders sein, irgendwann stehen wir mitten im Rotlichtviertel. Schaufenster neben Schaufenster, Shows, grelle Leuchtreklamen. Geschmackssache, sicher – aber irgendwie gehört es eben doch zu Amsterdam dazu.

Mit ersten Eindrücken ziehen wir uns schließlich in unseren Cube zurück. Morgen wartet der erste volle Tag – und wir wollen ausgeschlafen sein, um Amsterdam bei Tageslicht zu entdecken.

Trogbrücke des Elbe-Havel-Kanals

Tag 1 – Stadtbesichtigung im Holland-Style 

Gut erholt starten wir in den Samstag. Frühstücken gehen wir stilecht im Omelett-Restaurant – hier gibt es gefühlt ein Dutzend Varianten, von klassisch bis exotisch. Gestärkt und voller Eiweiß schwingen wir uns stilecht auf zwei Räder – allerdings nicht auf unsere eigenen, sondern auf Leihfahrräder einer geführten Tour.

Unser Guide sammelt uns am Hafen ein, wo gleich das erste Highlight wartet: eine imposante Replika eines Handelsschiffes der Westindischen Kompanie. Von hier aus begann im 17. Jahrhundert der Aufstieg Amsterdams zur reichen Handelsmetropole. Wir radeln weiter, passieren eine alte Windmühle, sehen ehemalige Lagerhäuser, die längst zu schicken Wohnungen umgebaut wurden, und fahren über eine Hängebrücke zurück ins Zentrum.

Natürlich dürfen die Grachten nicht fehlen – dieses typische Bild von Amsterdam, das in keinem Reiseführer fehlen darf. Insgesamt gibt es über 100 Kilometer Kanäle und rund 1.500 Brücken in der Stadt, weshalb Amsterdam auch gern das „Venedig des Nordens“ genannt wird. Entlang der Grachten reihen sich schmale Häuser mit ihren berühmten Giebeln, dazwischen schaukeln Hausboote. Früher nach dem Krieg eine günstige Wohnlösung, heute ein Lifestyle – und ein teurer dazu. Denn auch wenn die Boote längst ans Abwassersystem angeschlossen sind (früher landete hier alles direkt im Kanal – der Geruch muss legendär gewesen sein), kostet die Instandhaltung inzwischen richtig Geld. Dafür ist die Wasserqualität heute wieder so gut, dass man im Sommer Kanuten, Stand-up-Paddler:innen und sogar mutige Schwimmer:innen in den Grachten sieht.

Unsere Tour führt uns weiter zum Museumsviertel, wo wir vor dem Rijksmuseum Halt machen, der großen Nationalgalerie. Wir duchqueren den Vondelpark und nehmen Kurs auf das populäre Viertel Joordan. Kurz darauf radeln wir am Anne-Frank-Haus vorbei. Einen Ort, den wir zu gern besucht hätten – aber: Tickets sind hier absolute Mangelware. Das Anne-Frank-Haus ist regelmäßig sechs Wochen im Voraus ausgebucht, fürs Van-Gogh-Museum sollte man sich mindestens zwei Wochen vorher Karten sichern. Spontan klappt da nichts. Wir versuchen es noch mit zurückgegebenen Tickets, scheitern aber kläglich. Ein klarer Tipp für alle künftigen Amsterdam-Besucher:innen: rechtzeitig buchen!

Wir lassen uns die Laune nicht verderben, schließlich scheint die Sonne und die Stadt selbst ist Erlebnis genug. Am Nachmittag schlendern wir über einen lokalen Markt, stöbern durch Stände voller Käse, Blumen und Kunst – eine bunte Mischung, wie es sie nur in Amsterdam gibt.

Und dann der Abend: purer Zufall, aber goldrichtig. Auf der Prinsengracht findet ein Konzert statt, die Bühne ist direkt auf dem Wasser aufgebaut. Hunderte Menschen drängen sich an den Ufern, noch mehr sitzen auf Booten mitten im Kanal und lauschen der Musik. Das hat was.

Zum Abendessen gönnen wir uns ein Käsefondue – ein bisschen Klischee darf sein. Schließlich ist Holland das Land des Käses, von Gouda bis Edamer. Satt und zufrieden stapfen wir zurück in unseren Cube. Ein Tag, der Amsterdam von all seinen Seiten gezeigt hat: historisch, lebendig, kulturell – und mit einer Extraportion Festivalglück.

Tag 2 – Frühmorgens auf den Grachten

Am Sonntagmorgen heißt es früh aufstehen, denn wir haben eine Early-Morning-Grachtenfahrt gebucht. Schon um acht Uhr legen wir ab – die Stadt schläft noch, und genau das macht diesen Moment so besonders. Mit einer kleinen Gruppe von zehn Frühaufsteher:innen steigen wir in ein schmuckes Boot, das mehr ist als nur ein Ausflugsgefährt: Es ist fast 100 Jahre alt und gehörte einst sogar der niederländischen Königsfamilie. Königin Beatrix – damals noch Kind in Kronfolgerin – und ihre Familie schipperten in den 1950er Jahren genau mit diesem Boot durch die Amsterdamer Kanäle. Heute ist vom roten Teppich zwar nichts mehr zu sehen, doch der Charme ist geblieben.

Unser Guide – ein echtes Amsterdamer Original – unterhält uns mit Anekdoten über die Stadt. Wir erfahren, dass die Häuser auf tausenden Holzpfählen gebaut wurden, die tief in den moorigen Boden gerammt sind. Manche haben über die Jahrhunderte nachgegeben – deshalb wirkt Amsterdam stellenweise wie eine Stadt voller schiefer Häuser, die sich dennoch wacker halten. Außerdem erfahren wir, dass Amsterdam schon immer ein Ort außergewöhnlicher Toleranz war. Bereits im 17. Jahrhundert lebten hier Katholiken, Protestanten und Juden vergleichsweise friedlich nebeneinander. Diese Haltung prägt die Stadt bis heute.

Auch geschichtlich hatte Amsterdam Glück: Während Rotterdam im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde, blieb Amsterdam weitgehend verschont – und so sind viele historische Bauten noch original erhalten. Eineinhalb Stunden lang gleiten wir fast lautlos durch die Kanäle, vorbei an Brücken und schmalen Giebelhäusern. Kein Gedränge, keine Touristenscharen – nur wir. Ein magischer Moment, der Amsterdam von seiner besten Seite zeigt.

Nach der Bootstour schlendern wir durch den Jordaan, eines der charmantesten Viertel der Stadt. Früher war dies ein Arbeiterviertel voller kleiner Werkstätten und Hinterhofgärten, heute ist es eine Mischung aus hippen Boutiquen, urigen Kneipen und stillen Grachten, die viel weniger überlaufen sind als die großen Hauptkanäle. Hier spaziert man vorbei an winzigen Läden, alten Bäckereien und liebevoll bepflanzten 

Fensterbänken. Alles wirkt etwas entspannter, fast dörflich – mitten in der Großstadt. Der Jordaan zeigt Amsterdam von seiner gemütlichen Seite und ist perfekt, um noch einmal tief durchzuatmen.

Später zieht es uns erneut am Anne-Frank-Haus vorbei – eines der bedeutendsten Museen der Stadt. Hier versteckte sich Anne Frank von 1942 bis 1944 mit ihrer Familie im Hinterhaus der Firma ihres Vaters. Mehr als zwei Jahre lebten sie dort im Verborgenen, bis sie verraten wurden. Anne starb mit nur 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen-Belsen, ebenso wie ihre Schwester und ihre Mutter. Nur ihr Vater, Otto Frank, überlebte den Holocaust.

Er fand später Annes Tagebuch, das sie während der Zeit im Versteck geführt hatte. Zunächst konnte er es nicht lesen, doch als er es schließlich tat, war er überwältigt von der Klarheit, dem Mut und der Tiefe der Worte seiner Tochter. Er entschloss sich, es zu veröffentlichen – und machte damit ein junges Mädchen zur weltweit bekannten Stimme der Erinnerung an den Holocaust. Heute gehört das Tagebuch zur Schullektüre und zum kulturellen Gedächtnis vieler Länder.

Dass wir das Haus nicht von innen besichtigen konnten, ist schade – aber vielleicht einfach ein Grund, noch einmal zurückzukommen.

Wir verbringen die letzten Stunden damit, durch die Straßen zu schlendern, ein paar Souvenirs einzupacken und noch einmal die Sonne auf den Grachten zu genießen. Dann heißt es Abschied nehmen: Mit dem Zug geht es zurück nach Berlin – fünfeinhalb Stunden und wir sind wieder daheim.

Ein Wochenende, das kurz war und doch unglaublich dicht an Eindrücken. Amsterdam zeigte sich von all seinen Seiten: quirlig, voll, bunt – mit Festivals, Konzerten und Menschenmassen – und gleichzeitig still, geschichtsträchtig und berührend. Eine Stadt, die viel mehr ist als Tulpen, Käse und Coffeeshops. Und eine Stadt, zu der man sicher zurückkehrt – nicht nur, weil es noch so viel zu sehen gibt, sondern weil sie einen schon beim ersten Besuch ein Stück gefangen nimmt.

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Das war Amsterdam

Am Ende bleiben nicht nur die Sehenswürdigkeiten, sondern die Mischung: Fahrradtour und Grachtenfahrt, Märkte und Konzerte, Schlendern im Jordaan und das Menschenmeer beim SAIL-Festival. Amsterdam erfindet sich ständig neu und bleibt doch offen, lebendig, tolerant. Ein Wochenende reicht, um sich zu verlieben – aber nicht, um alles zu sehen. Und genau das macht Lust, wiederzukommen. Wie wäre es jetzt mit Rom?