Nach aufregenden Wochen auf dem Festland zieht es mich noch einmal ans Meer – genauer gesagt auf die Bay Islandsvor der Küste von Honduras. Hier, zwischen Utila und Roatán, will ich meine Reise ausklingen lassen: Karibikflair, Inselvibes und vielleicht ein letzter Funken Abenteuer.
Karibikträume trotz Klischees: Auf nach Honduras
Einreise
„Honduras? Bist du sicher?“ – das ist wohl die häufigste Reaktion, wenn man dieses Land als Reiseziel erwähnt. Gewalt, Bandenkriminalität, Mordraten: das sind die Schlagworte, die sofort ins Gedächtnis springen. Wer ganz mutig ist, wirft vorab noch einen Blick auf die Website des Auswärtigen Amtes – und fühlt sich danach endgültig abgeschreckt.
Ich mache es trotzdem. Eine alte Studienfreundin, die einige Jahre in Honduras gelebt hat und inzwischen mit einem Einheimischen verheiratet ist, gibt mir beruhigende Tipps. So entscheide ich mich, nach meiner längeren Reise durch Mittelamerika, die letzten Tage nicht mit Sehenswürdigkeiten wie den Maya-Ruinen von Copán oder dem riesigen Lago de Yojoa zu verbringen. Stattdessen will ich die Zeit nutzen, um in der Karibik ein wenig auszuspannen – auf den Inseln Utila und Roatán.
Honduras ist mit etwa 10 Millionen Einwohner:innen eines der ärmeren Länder Lateinamerikas, dabei aber reich an Geschichte. Schon die Maya hinterließen hier ihre Spuren – vor allem im Westen, wo Copán zu den wichtigsten Stätten der klassischen Maya-Kultur zählt. Nach der spanischen Eroberung im 16. Jahrhundert wurde Honduras zum Teil des Kolonialreichs, geprägt durch Bergbau und Landwirtschaft. 1821 erklärte es seine Unabhängigkeit, war kurzzeitig Teil der Zentralamerikanischen Föderation und entwickelte sich dann zum eigenständigen Staat.
Die jüngere Geschichte ist bewegt: Diktaturen, Militärputsche, einflussreiche Bananenkonzerne (Honduras gilt als klassisches „Bananenrepublik“-Beispiel), und immer wieder politische Instabilität. Heute kämpft das Land mit Armut, Korruption – und eben einer hohen Kriminalitätsrate.
Damit die Anreise nicht zum Glücksspiel wird, buche ich einen Shuttle-Transfer direkt über mein Hostel. „Abfahrt in aller Herrgottsfrüh“, heißt es.
Also stehe ich verschlafen mit Rucksack am Straßenrand, während der Himmel langsam von Schwarz zu Blau wechselt. Nur das Shuttle lässt sich Zeit – ganze 45 Minuten. Irgendwann brettert es doch noch an, samt gestresstem Fahrer und einer Handvoll anderer Backpacker.
Wir nehmen Kurs Richtung Norden. Unterwegs passieren wir Tegucigalpa, die Hauptstadt des Landes. Der Name stammt aus dem Nahuatl und bedeutet vermutlich „silberner Hügel“ – kein Wunder, denn die Stadt war ursprünglich ein Zentrum des Silberbergbaus. Heute leben hier etwa 1,3 Millionen Menschen, und Tegucigalpa ist sowohl politisches als auch wirtschaftliches Zentrum des Landes.
Noch bekannter ist allerdings San Pedro Sula, das wir später aus der Ferne sehen. Mit knapp einer Million Einwohnern ist es die zweitgrößte Stadt des Landes und ein industrielles Zentrum. San Pedro Sula hat sich in den vergangenen Jahrzehnten einen traurigen Ruf erarbeitet: Lange Zeit galt sie als „Mordhauptstadt der Welt“, mit einer der höchsten Mordraten überhaupt. Mittlerweile hat sich die Lage etwas gebessert, doch der Name haftet noch immer an der Stadt.
All das klingt bedrohlich – und natürlich sollte man sich hier sehr genau überlegen, wo man unterwegs ist. Aber im Shuttle, auf direktem Kurs Richtung Karibikküste und zum Hafen von La Ceiba, wirkt Honduras zunächst erstaunlich friedlich: grüne Hügel, kleine Dörfer, Straßenstände mit Melonen und Mais.
In La Ceiba endet unsere Fahrt – die Stadt selbst ist weniger spannend, dient aber als Tor zu den Inseln. Von hier setzt die Fähre nach Utila über, wo mein karibisches Kapitel beginnt: Taucherparadies, karibische Gelassenheit und ein perfekter Abschluss für meine Reise durch Mittelamerika.

Zwischen Wrack und Walhai-Enttäuschung: Meine Tage auf Utila
Utila
Mit der Fähre setze ich nach Utila über, die kleinste der drei bewohnten Bay Islands vor der honduranischen Küste.
Unterwegs habe ich wieder ein paar Backpacker kennengelernt, die alle denselben Plan verfolgen: den Tauchscheinmachen. Utila gilt als eines der günstigsten und bekanntesten Zentren der Welt, um ins Taucherleben einzusteigen. Doch während meine neuen Weggefährt:innen in einer Tauchschule abtauchen, ziehe ich weiter und suche mir ein anderes Hostel.
Die Insel selbst ist überschaubar: kleine Straßen, ein paar ältere Häuser, manche vom tropischen Klima und gelegentlichen Hurrikans sichtbar gezeichnet. Schnell ist klar: Utila ist kein Postkartenparadies. Richtige Strände fehlen fast völlig, und die kleine Stadt ist leider stark vom Müllproblem geprägt. Ganze Abschnitte sind zugemüllt, und man mag sich gar nicht ausmalen, wie sich das auf die Unterwasserwelt auswirkt.
Zwar ist die Insel schnell erkundet, doch meine Begeisterung bleibt verhalten. Dort, wo ich karibisches Inselfeeling erwartet hatte, finde ich eher improvisiertes Inselleben – zwischen Supermarkt, Bar und Tauchschule. Abends hänge ich mit einigen Backpackern der Tauchschule ab und lausche ihren Unterwasserberichten. Ein Zitat auf einer Tafel in der Bar animiert uns zur Abwechselung „Filmzitate raten“ zu spielen. „Mein Name ist Bond, James Bond…“ Okay, ich bin da nicht sehr kreativ.
Neuer Tag, doch es wir nicht besser. Ein Highlight hatte ich mir vorgenommen: Walhaie. Utila gilt als Hotspot für diese sanften Riesen, die sich in manchen Jahreszeiten in den Gewässern rund um die Insel tummeln. Doch leider heißt es für mich: Pech gehabt. Gerade ist keiner in der Gegend, Touren werden gar nicht erst angeboten. Also bleiben mir meine „Strandtage ohne Strand“ – und eine gewisse Langeweile macht sich breit.
Auch wenn meine persönliche Bilanz etwas nüchtern ausfällt, hat die Insel ihre Reize: Sie ist bekannt für ihr quirliges Backpacker- und Nachtleben, die bunte Community aus Tauchschüler:innen, Instruktor:innen und Auswanderern. Wer Party und Tauchabenteuer sucht, wird hier fündig. Außerdem lässt sich Utila – trotz der Müllproblematik – als kleine, schrullige Insel mit echtem Karibikcharakter erleben: weniger Hochglanz, mehr Improvisation.
Nach ein paar Tagen verabschiede ich mich. Mein Ziel heißt nun Roatán, die größere Nachbarinsel. Doch eine direkte Fährverbindung gibt es nicht. Also geht es zuerst zurück nach La Ceiba, um dort die Fähre Richtung Roatán zu nehmen. Der Umweg ist zwar etwas mühsam, doch ich habe die Zeit – und bin gespannt, ob die nächste Insel meine Erwartungen besser erfüllen wird.
Glanz, Kreuzfahrer und Feuerfische: Meine letzten Tage auf Roatán
Roatán
Mit der Fähre geht es weiter nach Roatán, die größte der honduranischen Bay Islands. Beim Einfahren in die Bucht fällt ein rostiges Schiffswrack ins Auge: Hurricanopfer oder einfach zurückgelassen? Keine Ahnung. Schon beim Anlegen spürt man den Unterschied: Wo Utila improvisiert und ein wenig verlottert wirkte, empfängt einen Roatán fast wie eine andere Welt. Alles ist gepflegt, herausgeputzt, sicher, ordentlich – und die Strände sehen aus wie aus dem Reisekatalog.
Schnell wird klar, warum: Roatán ist ein beliebter Stopp für Kreuzfahrtschiffe. Mehrmals pro Woche legen hier riesige Dampfer an und spucken Tausende von Tagesgästen auf die Insel. Tagsüber sind die Strände und Orte regelrecht überlaufen, und die Preise für Liegen, Getränke oder Souvenirs schießen in die Höhe. Kaufen muss man nichts – doch auffallen tut es natürlich sofort.
Trotzdem: Ein schöner Strandtag geht hier immer. Ich lasse mich nieder, ziehe die Flossen an und gehe schnorcheln. Entlang einer grünen Felswand, die oberhalb von Leguanen bevölkert wird und sich unter Wasser fortsetzt, entdecke ich bunte Rifffische – und sogar einen Feuerfisch. Eigentlich ein invasiver Räuber in der Karibik, mit seinen langen, giftigen Stacheln spektakulär anzusehen.
Dazu krabbeln riesige Garnelen zwischen den Korallen. Nice - und ganz ohne Tauchschein möglich. Das Wasser ist klar, die Korallen gesund, und für einen Moment vergesse ich die vielen Kreuzfahrtgäste am Strand.
Noch etwas fällt mir auf: Während ich mich auf Utila oft fragte, wie sicher das eigentlich alles ist, vermittelt Roatán fast schon europäische Verhältnisse. Ordnung, Infrastruktur und touristischer Standard sind hier deutlich höher – und das macht es entspannter, die letzten Tage einfach nur zu genießen.
Die Felswand mit ihren Leguanen und dem Ausblick aufs Meer soll mein Titelbild für diesen Blog werden – ein Sinnbild für die letzten Tage meiner Reise. Mehr unternehme ich nicht: ein bisschen Sonne tanken, ein bisschen Bräune sammeln, die Eindrücke setzen lassen.
Dann heißt es Abschied nehmen. Von Roatán geht mein Flug über Belize City zurück nach Deutschland. Hinter mir liegen unglaubliche Wochen: begonnen in Panama, weiter durch Costa Rica, nach Nicaragua, ein Abstecher für zwei Wochen nach Kuba, und schließlich der Abschluss in Honduras – zwischen Müllbergen auf Utila und karibischem Glanz auf Roatán.
Ein wilder, bunter, manchmal chaotischer, oft wunderbarer Ritt durch Mittelamerika.
Das war unser Honduras!
Meine Tage auf den Inseln waren ein Wechselbad: Utila roh und chaotisch, Roatán herausgeputzt und touristisch – zwei Welten, nur eine Fähre entfernt. Für mich war es der perfekte Abschluss: ein paar letzte Schnorchelgänge, Sonne tanken, Meeresrauschen im Ohr. So endet meine Mittelamerika-Reise. Wie wäre es jetzt mit Reiseberichten aus Südamerika. Vielleicht Argentinien?
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