2011 - Von Tempeln und Pyramiden Ägyptens geht es nun zu roten Sanddünen und römischen Ruinen: Jordanien überrascht auf jeder Etappe. Zwischen Wüstenzauber, Weltwundern und orientalischer Gastfreundschaft entfaltet sich ein Land, das Geschichte, Natur und Kultur perfekt verbindet.
Wie von einem anderen Planeten
Aqaba & Wadi Rum
Mit der Fähre setzen wir von Nuweiba über das Rote Meer ins jordanische Aqaba über. Dort nimmt uns unser neuer Guide in Empfang – diesmal nicht mit einem großen Reisebus, sondern ganz entspannt mit dem Pkw. Gepäck rein, Motor an, und schon geht’s los. In der Ferne blitzt die Küste Israels auf, doch unser Weg führt uns tiefer ins Herz Jordaniens.
Jordanien ist ein junges, aber traditionsreiches Land. Das Königreich existiert erst seit 1946, als es nach britischem Mandat seine Unabhängigkeit erlangte. Heute regiert König Abdullah II., ein Monarch, der nicht nur politisch präsent ist, sondern auch schon mal inkognito in den Straßen Ammans unterwegs war, um das Leben seiner Untertanen hautnah zu erleben. Geografisch liegt Jordanien an einer Schnittstelle der Kulturen: Nachbarn sind Israel, Syrien, Irak und Saudi-Arabien. Historisch war es Durchzugsgebiet unzähliger Karawanen und Eroberer – von den Nabatäern über die Römer bis zu den Osmanen.
Unser erstes Ziel ist die Wüste Wadi Rum. Und ich muss sagen: Ich habe schon einige Wüsten gesehen – aber diese hier ist die schönste von allen. Eine surreale Landschaft aus Sand und Fels, rote Dünen, bizarre Felsformationen, ein Panorama wie von einem anderen Planeten. Kein Wunder, dass Wadi Rum als Filmkulisse weltberühmt ist. Von „Lawrence of Arabia“ über „Transformer“ und sonstiges Science-Fiction Blockbuster – wenn Hollywood einen fremden Planeten sucht, dreht es einfach hier. Auch während unseres Besuchs wird an einer Ecke gerade wieder ein Filmset aufgebaut.
Wir steigen in Jeeps um und fahren tiefer in die Wüste hinein. Es geht vorbei an gewaltigen Felswänden, zu Aussichtspunkten, einer natürlichen Steinbrücke und einer Sanddüne, die wir erklimmen. Atemberaubende Ausblicke, wohin man schaut. Ich frage unseren Guide scherzhaft, ob es hier auch Schlangen oder Skorpione gibt – wohl wissend, was er antworten wird. „Natürlich gibt es die“, sagt er trocken, „aber keine Sorge: Sie hören eure Schritte und verschwinden von selbst.“ Na dann. Trotzdem setze ich die nächsten Schritte ein wenig vorsichtiger.
Am Nachmittag erreichen wir ein Beduinen-Camp. Wir werden mit Tee, Snacks und Gebäck empfangen, während auf einer Art beduinischer Geige für uns musiziert wird. Doch die eigentliche Show beginnt erst zum Sonnenuntergang: Wir fahren hinaus und erleben, wie sich die Wüste in ein glühendes Rot verwandelt. Der ganze Horizont wirkt wie in Flammen – ein Schauspiel, das sich ins Gedächtnis brennt.
Zum Abendessen gibt es ein typisches Beduinen-Gericht: Das Fleisch wird in einem Erdloch gegart. Kohle unten, Töpfe und Pfannen hinein, Sand obendrauf – ein Wüstenofen. Heraus kommt zartes, rauchiges Fleisch, dazu Gemüse und Brot. Eine einfache, aber unglaublich aromatische Küche.
Die Nacht verbringen wir im Camp. Wer mutig ist, schläft direkt unter freiem Himmel. Ich entscheide mich für das Zelt – sicher ist sicher. Man weiß ja nie, wie viel Abstand Schlangen und Skorpione wirklich halten.
So klingt der erste Tag in Jordanien aus: mit Sternenhimmel, Stille und der Ahnung, dass dieses Land noch einige Abenteuer für uns bereithält.
Die Felsenstadt der Nabatäer
Petra
So schön Wadi Rum auch war – wir müssen weiter. Und zwar zum nächsten Highlight, auf das ich mich schon im Vorfeld besonders gefreut habe: Petra.
Die Anreise verläuft reibungslos, und bald stehen wir vor dem Eingang zu einer der berühmtesten archäologischen Stätten der Welt. Schon der Weg dorthin ist ein Erlebnis: Man wandert durch den schmalen Siq, eine enge, fast einen Kilometer lange Schlucht zwischen bis zu 80 Meter hohen Felswänden. Licht und Schatten wechseln sich ab, die Farben des Sandsteins leuchten in Rot-, Orange- und Brauntönen. Und dann, ganz plötzlich, öffnet sich die Schlucht – und vor uns steht sie: die Treasury (al-Khazneh), die Schatzkammer.
Ein Bauwerk, so ikonisch, dass man es sofort wiedererkennt – nicht zuletzt aus Filmen wie „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“. In Wirklichkeit handelt es sich aber nicht um eine Schatzkammer, sondern höchstwahrscheinlich um ein königliches Grab, errichtet im 1. Jahrhundert v. Chr. von den Nabatäern. Diese arabischstämmige Händlerkultur machte Petra reich, indem sie die Handelswege zwischen Arabien, Ägypten und Syrien kontrollierte. Die Nabatäer lebten hier rund 500 Jahre lang und verwandelten die Stadt in ein Zentrum voller Paläste, Tempel und Gräber. Erst mit der römischen Eroberung im 2. Jahrhundert n. Chr. begann der langsame Niedergang.
Wir machen natürlich unseren Fotostopp – und es ist überwältigend. Die Treasury ist rund 40 Meter hoch, mit fein gemeißelten Säulen, Figuren und Verzierungen direkt aus dem Fels geschlagen. Dass Menschen so etwas ohne moderne Technik erschaffen haben, wirkt heute fast surreal.
Doch Petra ist weit mehr als nur die Schatzkammer. Wir wandern weiter durch das weitläufige Areal: vorbei an Säulenstraßen, in den Fels gehauenen Wohnungen und Tempeln, uralten Treppen und Grabstätten. Besonders eindrucksvoll: das Amphitheater, in den Sandstein gehauen, das Platz für mehrere tausend Menschen bot. Petra war keine kleine Siedlung – es war eine ganze Stadt, die sich geschickt in die schützenden Felsen schmiegte, verborgen vor Räubern und fremden Armeen.
Unterwegs begegnen wir Händlern, die allerlei „Fundstücke“ verkaufen – kleine Figuren, Steine, angeblich Originale aus Ausgrabungen. Wahrscheinlicher ist, dass sie frisch aus der Souvenirwerkstatt stammen. Interessant ist eine Begegnung mit einem jungen Mann, der uns stolz erzählt, er sei der Sohn von Marguerite van Geldermalsen, einer Holländerin, die hier einen Beduinen heiratete. Ihr Buch Married to a Bedouin („Verheiratet mit einem Beduinen“) ist inzwischen ein Bestseller. Ich verzichte auf den Kauf – die Geschichte reicht mir so schon.
Nach stundenlangen Wanderungen, Eindrücken und Staunen genießen wir am Abend ein typisches jordanisches Abendessen: Reis, Fleisch, Gemüse, Salate – reichhaltig, aromatisch und gesund.
Doch der Tag ist noch nicht vorbei: Am Abend kehren wir noch einmal zurück zur Treasury. Diesmal führt der Weg durch den Siq im Kerzenschein – hunderte Lichter säumen den Weg. Die Schatzkammer selbst ist ebenfalls von Kerzen erleuchtet und wirkt in der Dunkelheit noch geheimnisvoller. Ein magischer Abschluss für einen Tag in einer Stadt, die zu Recht als eines der neuen sieben Weltwunder gilt.
Nächster Halt: das Tote Meer.
Ritterspiele und Wellness
Totes Meer
So großartig Petra auch war, wir ziehen weiter Richtung Norden. Unterwegs machen wir Halt an einer Festungsanlage, die aussieht, als sei sie direkt aus einem Robin-Hood-Film entsprungen. Dicke Mauern, Türme, Zinnen – alles erinnert an englische Burgen. Verständlich, denn diese Anlage stammt tatsächlich aus der Zeit der Kreuzzüge.
Ein kurzer Geschichtsexkurs: Ab dem späten 11. Jahrhundert zogen Ritterheere aus Europa ins „Heilige Land“, offiziell, um die heiligen Stätten in Jerusalem von muslimischer Herrschaft zu befreien. In Wirklichkeit ging es ebenso um Macht, Einfluss und Handelswege. Im Zuge dieser Feldzüge entstanden zahlreiche Burgen und Festungen entlang der Route, um Nachschubwege zu sichern und Territorien zu kontrollieren. Die Burg, die wir besuchen, ist ein eindrucksvolles Zeugnis dieser Epoche – mit Burgtürmen, Zinnen, einem Verlies und sogar einem angedeuteten Burggraben. Man fühlt sich wirklich in eine mittelalterliche Szenerie versetzt, nur eben unter der heißen Sonne Jordaniens.
Nach so viel Geschichte lockt nun das Kontrastprogramm: Entspannung am Toten Meer. Das tiefstgelegene Gewässer der Erde, über 400 Meter unter dem Meeresspiegel, ist ein Naturwunder. Der Salzgehalt ist zehnmal höher als in den Ozeanen, was bedeutet: Untergehen ist unmöglich. Schon ein leichter Versuch, sich ins Wasser zu setzen, endet damit, dass man wie ein Korken an die Oberfläche katapultiert wird. Also liegen wir da, lassen uns treiben – ich schmökere dabei in meinem Reiseführer.
Das Ufer des Toten Meeres ist von Wellnesshotels gesäumt, die die gesundheitsfördernde Wirkung von Salz und Mineralien anpreisen. Auch ich wills genau wissen – mit einer Schlammpackung aus berühmtem Mineralschlamm vom Strand. Dick eingeschmiert sehe ich kurzzeitig aus wie eine Statue, frage mich aber sofort, ob das so klug war – denn das Zeug wieder abzubekommen, verlangt Schrubben ohne Ende. Aber hey, vielleicht habe ich jetzt ja fünf Jahre jünger aussehende Haut gewonnen.
So endet unser Halt am Toten Meer: gesund, entspannt, ein wenig schlammverschmiert – und mit einem Grinsen im Gesicht.

Zwischen Gelobtem Land und gelebter Antike
Mount Nebo & Gerash
Wir rollen weiter nach Norden, Richtung Amman, der Hauptstadt Jordaniens. Doch bevor wir dort ankommen, legen wir zwei beeindruckende Stopps ein.
Der erste führt uns auf den Mount Nebo. Ein Berg, der nicht nur durch seine Lage beeindruckt, sondern vor allem durch seine religiöse Bedeutung. Laut der Bibel soll Moses hier gestanden haben, als er das „Gelobte Land“ erblickte – kurz bevor er starb. Für Juden, Christen und Muslime ist dieser Ort daher von zentraler Symbolkraft. Der Blick von oben ist grandios: Bei klarer Sicht erkennt man das Tote Meer, das Jordantal und sogar bis nach Jerusalem. Geschichte, Legende und Geografie verschmelzen hier zu einem Moment, der wirklich Gänsehaut auslöst.
Am Gipfel besuchen wir das Besucherzentrum und eine griechisch-orthodoxe Kirche, in der eindrucksvolle Mosaike aus byzantinischer Zeit zu sehen sind. Szenen mit Tieren, Pflanzen und Jagdszenen erzählen von einer Blütezeit vor über 1.500 Jahren – ein Kontrast zu der kargen Landschaft draußen.
Unser zweiter Halt: Gerash (auch Jerash genannt), eine der besterhaltenen Römerstädte außerhalb Italiens. Hier lebten einst über 20.000 Menschen. Viele Teile der Stadt sind bis heute unter Sand verborgen, doch das, was freigelegt wurde, ist atemberaubend: breite, von Säulen gesäumte Straßen, ein gut erhaltenes Forum in Ovalform, Tempel, Theater und ganze Straßenzüge.
Beim Rundgang kann man sich lebhaft vorstellen, wie hier vor fast 2.000 Jahren das Leben pulsierte: Händler boten ihre Waren an, Kinder rannten zwischen den Säulen umher, römische Soldaten marschierten durch die Gassen. Die klaren Linien der Architektur sind bis heute erkennbar – man sieht das Raster der Straßen, das Zentrum der Stadt, die Plätze für Versammlungen und das Theater für Unterhaltung.
Zwischen all den antiken Säulen und Steinen spürt man deutlich, wie sehr die Römer hier ihre Handschrift hinterlassen haben. Ein beeindruckendes Zeugnis, das einen tiefen Einblick in den Alltag einer antiken Stadt gibt – und das man in dieser Klarheit nicht unbedingt in Jordanien erwarten würde.
Störche in Rühstädt, Pause in Wittenberge und ein Stück Grenzgeschichte
Amman
Der offizielle Teil der Reise endet in Amman, der Hauptstadt Jordaniens. Ich habe noch einen Tag Zeit und nutze ihn, um die Stadt zu erkunden. Amman ist mit rund 4 Millionen Einwohnern das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes. Schon in der Antike war die Stadt als Philadelphia bekannt und gehörte zu den Dekapolis-Städten der Römer. Heute wirkt Amman wie ein riesiger Teppich aus sandfarbenen Häusern, der sich über die Hügel zieht.
Ich besuche das große römische Amphitheater, das Platz für rund 6.000 Zuschauer bot und noch immer erstaunlich gut erhalten ist. Von dort kraxle ich weiter hinauf auf einen der Hügel – die Zitadelle von Amman. Dort stehen Ruinen, Säulen und Tempelreste, darunter der Herkules-Tempel, sowie Überreste eines Umayyaden-Palasts aus dem 8. Jahrhundert. Der Blick von hier oben ist spektakulär: Die Stadt breitet sich wie ein Puzzle aus, und zwischen den Häusern weht eine gigantische Fahne – die Raghadan-Fahne, eine der größten Fahnen der Welt (126 Meter hoher Mast!). Sie ist ein nationales Symbol und von fast jedem Punkt der Stadt aus sichtbar.
Am Abend folgt der schönste Abschluss der Reise: Unser Guide lädt uns zu sich nach Hause ein. Seine Frau hat gekocht, die Kinder wuseln durch die Wohnung, und auf dem Tisch steht ein Festmahl, das kaum zu überblicken ist. Hummus, Falafel, Mansaf (das Nationalgericht mit Lamm und Joghurtsoße), dazu Tabbouleh, Fattoush, Baba Ghanoush, frisches Brot und gegrilltes Fleisch – eine kulinarische Explosion. Es ist mehr als nur ein Essen, es ist ein Stück jordanische Gastfreundschaft, die mich tief beeindruckt.
Damit endet meine Reise durch Jordanien: von den roten Wüstenlandschaften Wadi Rums über die Felsenstadt Petra und das Tote Meer bis hin zur lebendigen Hauptstadt Amman. Ein Land voller Kontraste, Herzlichkeit und Geschichte. Am nächsten Tag heißt es Abschied nehmen – mit vollen Erinnerungen, vollem Bauch und dem festen Vorsatz: Hierher möchte ich zurückkehren.
Das war der Jordanien!
Nach Tagen voller Abenteuer – vom Sternenhimmel über Wadi Rum bis zum Festmahl in Amman – endet die Reise. Jordanien bleibt als Land der Kontraste in Erinnerung: mystisch, herzlich und unvergesslich. Wie wäre es jetzt mit Bali?
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