Nach ausgiebigen Reisen durch Asien und den amerikanischen Kontinent zieht es mich diesmal nach Ostafrika – genauer gesagt nach Kenia und Uganda. Drei Wochen lang bin ich mit einer bunt gemischten Gruppe im Overland-Truck unterwegs: Savannen, Nationalparks, Märkte, Städte, Zelte. Im Mittelpunkt steht aber ein klares Ziel – der Besuch der Berggorillas im Regenwald Ugandas. Eine Begegnung, die anders war als erwartet.

Von Mombasa bis Bwindi: Auf dem Weg zu den Berggorillas

Mombasa, Nairobi, Lake Nakuru, Lake Naivasha, Masai Mara, Kampala und Bwindi Impenetrable National Park

Ich bin unterwegs auf meinem ersten echten Afrika-Abenteuer. Nach Asien und Amerika zieht es mich nun in das Herz des afrikanischen Kontinents – nach Kenia und Uganda. Ich möchte verschiedene Nationalparks besuchen, Landschaften und Tiere erleben, afrikanisches Leben kennenlernen. Ein besonderer Höhepunkt dieser Reise ist der Besuch der Berggorillas im Dschungel Ugandas.

Zum Auftakt gönne ich mir ein paar entspannte Tage an der Küste. Ich fliege von Nairobi weiter nach Mombasa, um mich am Strand zu erholen, etwas Sonne zu tanken und mich auf die kommenden Reisetage einzustimmen. Die Stadt liegt direkt am Indischen Ozean, ist umgeben von weißen Stränden, Dhow-Booten und Palmen. In einem Hostel nahe des Wassers finde ich mein erstes Basislager in Afrika. Die Sonne brennt, die Mangos sind süß, der Sand fein – ein idealer Start.

Am 1. Januar kehre ich nach Nairobi zurück. Die Hauptstadt wirkt an diesem Neujahrsmorgen stiller als sonst, fast verschlafen. Ich schlendere durch das Zentrum und nehme die Gegensätze der Stadt wahr: einfache Wellblechsiedlungen, bunte Marktgassen (heute geschlossen), dazwischen alte Hochhäuser, staubige Straßen und modernere Gebäude. Alles wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen – und doch lebendig und voller Energie.

Am nächsten Morgen beginnt unsere Overland-Tour. Ein großer, robuster Overland Truck steht bereit – unser neues Zuhause für die kommenden Wochen. Wir haben Zelte, Kochgeschirr, Vorräte, Rucksäcke – alles, was man für eine Campingtour braucht. Unsere internationale Gruppe ist bunt gemischt: Australier, Amerikaner und ein paar Deutsche. Der Guide und der Fahrer stellen sich vor, dann geht es los.

Erster Halt ist der Lake Nakuru National Park. Der kleine Park ist bekannt für seine Nashörner – sowohl schwarze als auch weiße – sowie für seine Vogelwelt. Wir sehen Giraffen, Zebras, Paviane und Antilopen. Die Landschaft rund um den See ist von Akazienwäldern geprägt, immer wieder blitzt das Wasser durch das Buschwerk.

Am nächsten Tag geht es weiter zum Lake Naivasha, einem Süßwassersee im Ostafrikanischen Grabenbruch. Hier unternehmen wir eine Bootsfahrt, fahren vorbei an Nilpferden, die dicht unter der Wasseroberfläche lauern, und beobachten Flamingos, die in Gruppen durchs flache Wasser staksen. Später folgt eine Walking-Safari und Begegnungen mit Giraffen und Antilopen – faszinierend.

Dann erreichen wir eines der berühmtesten Safari-Gebiete Afrikas: die Masai Mara. Wir sehen riesige Herden von Gnus und Zebras, Elefantenfamilien, Hyänen, Giraffen – und einen Leoparden mit vier Jungen, der sich träge auf einem Baum ausstreckt. Auch Löwen bekommen wir zu Gesicht, wie sie im Gras dösen oder durch das hohe Buschwerk streifen. Wir besuchen ein Massai-Dorf.

Schließlich überqueren wir die Grenze nach Uganda. Die Landschaft verändert sich, wird grüner, dichter, hügeliger. In Kampala, der Hauptstadt, legen wir einen kurzen Stopp ein. Die Stadt ist lebhaft und chaotisch: Hochhäuser, kleine Läden, Kirchen, Moscheen, Minibusse, Märkte, hupender Verkehr – alles gleichzeitig. Die Stadt wirkt wie ein brodelnder Schmelztiegel – wild, laut und voller Leben.

Von hier aus geht es weiter Richtung Südwesten, in den Bwindi Impenetrable National Park. Wir schlagen unser Camp am Rand des Parks auf. Die Spannung steigt: Morgen startet unser Gorilla-Tracking.

Auf Gorilla-Pfaden: Begegnung im Nebelwald

Bwindi Impenetrable National Park

Unser Camp liegt idyllisch auf einem Hügel am Rand des Bwindi Impenetrable National Park. Ich schlage mein Zelt auf einem abschüssigen Hang auf, mit Blick in die sattgrüne Tiefe des Regenwalds. Abends ziehe ich mich gern in mein kleines Stoffzuhause zurück. Dort ist es ruhig, sicher, abgeschottet von der wilden Welt da draußen. Bevor ich mich in den Schlafsack kuschele, leuchte ich noch einmal alles mit der Taschenlampe aus – man weiß ja nie, wer sich heimlich dazugesellt hat. Ist der Reißverschluss einmal zu, ist das Zelt mein Kokon. Und in dieser Nacht schlafe ich besonders gut, denn am nächsten Morgen wartet ein echtes Abenteuer: der Aufbruch zu den Berggorillas.

Der Bwindi Impenetrable National Park wurde 1991 gegründet und zählt heute zum UNESCO-Weltnaturerbe. Der uralte Regenwald liegt im Südwesten Ugandas und gehört zu den artenreichsten Ökosystemen Afrikas. Fast die Hälfte aller noch lebenden Berggorillas – etwa 460 Tiere – lebt in diesem dichten, kaum zugänglichen Gebiet. Ein verwobenes, wucherndes Labyrinth aus grünem Dickicht und feuchtem Boden. Einer der letzten Rückzugsorte dieser einzigartigen Tiere.

Um vier Uhr morgens brechen wir auf. Nach etwa zwei Stunden Fahrt erreichen wir den Parkeingang im ersten Licht der aufgehenden Sonne. Nebel hängt über dem Dschungel. Am Eingang werden wir von Rangern begrüßt. Unsere Gruppe von 16 Personen wird in zwei Teams aufgeteilt. Jeweils acht Personen besuchen unterschiedliche Gorilla-Familien. Weil die Tiere täglich neue Routen durch den Wald ziehen, wurden schon am Morgen sogenannte Tracker losgeschickt, um frische Spuren zu finden. Sie funken unseren Guides durch, in welcher Richtung sich die Familien aufhalten könnten.

Wir machen uns auf den Weg – ein etwa zweistündiger Marsch liegt vor uns. Anfangs folgen wir schmalen Trampelpfaden, dann schlagen wir uns mit Macheten durch den Dschungel. Es ist feucht, rutschig, dicht. Keine Wege, keine Orientierung. Nur Wald.

Nach etwa 30 Minuten stoßen wir auf eine andere Gorilla-Familie – nicht die, die wir eigentlich besuchen sollen. Unser Guide bittet 

uns, nur ganz kurz hinzusehen, vielleicht ein Foto zu machen – wir sollen die Gruppe nicht stören, sie wird derzeit von Forscher:innen beobachtet.

Wir stehen still. Ein Weibchen mit einem Baby auf dem Rücken klettert vorsichtig einen Baum hinauf, beobachtet uns aus sicherer Entfernung. Direkt vor mir steht Australierin aus unserer Gruppe, die wie immer forsch unterwegs ist und hektisch Fotos mit ihrem iPad schießt. Ich warte darauf, auch ein Bild zu machen – und dann weiterzugehen, wie angekündigt.

Doch plötzlich bricht nur wenige Meter vor uns ein Silberrücken aus dem Gebüsch. Ein massives, muskelbepacktes Tier mit riesigen Schultern und einem wuchtigen Schädel. Er galoppiert in vollem Tempo auf uns zu. Je näher er kommt, desto furchteinflößender wirkt er.  Ich schaue panisch nach links, rechts – aber es gibt keinen Fluchtweg. Das Dickicht ist zu dicht. Der Gorilla kommt direkt auf uns zu. Tanja geht in eine gebückte Haltung, ich denke nur: Das war’s.

Dann, im letzten Moment, bleibt er stehen. Schiebt Tanja mit einem gezielten, aber verhältnismäßig sanften Stups zur Seite. Greift sich einen Ast, reißt ihn mit bloßer Kraft vom Baum und schleudert ihn wütend direkt vor unsere Füße. Die Botschaft ist klar: Bis hierher und nicht weiter. Dann dreht er sich um und verschwindet wortlos im Dickicht.

Ich brauche einen Moment, um wieder Luft zu holen. Prüfe, ob ich mir in die Hose gemacht habe – nein, aber viel hat nicht gefehlt.

Ich treffe unsere Rangerin, die etwas zurückgeblieben ist, um Nachzügler einzusammeln, und erzähle ihr von der Szene. Sie bleibt ruhig, erklärt nochmals die Verhaltensregeln: keine zehn Meter Abstand unterschreiten, keinen direkten Augenkontakt, bei einer Konfrontation sofort ducken, Blick senken, Unterwürfigkeit zeigen. Ich nicke – alles richtig. Aber in diesem Moment ging alles so schnell, da bleibt keine Zeit für Theorie.

Was für ein Auftakt. Und wir haben die Gorilla-Familie, die wir eigentlich besuchen wollten, noch gar nicht gefunden.

Nebelwald im Morgengrauen

Angesicht zu Angesicht

Bwindi Impenetrable National Park

Das war knapp. Ich brauche ein paar Minuten, um mich zu sammeln. Aber ich habe eh keine Wahl – umkehren ist keine so super Idee. Also geht es weiter. Die Gruppe ist nun sichtlich wachgerüttelt. Wir halten uns das nächste Mal exakt an das Briefing: kein direkter Blickkontakt, mindestens zehn Meter Abstand halten, unterwürfiges Verhalten zeigen. Wir wissen: Der Berggorilla kann menschliche Krankheiten aufnehmen, selbst eine harmlose Erkältung könnte für ihn gefährlich sein – sein Immunsystem ist an unsere Viren nicht angepasst.

Wir marschieren weiter, quer durch das Dickicht, über Stock und Stein. Ich versuche, an unserem Guide dranzubleiben, aus Angst, den Anschluss zu verlieren. Als wir einen besonders steilen Hang erklimmen und ich als einer der Ersten oben ankomme, sagt der Guide zu mir: “Very strong!” Ich antworte: “No, I’m not strong. I’m just scared of getting lost.” Wir lachen!

Unterwegs entdecken wir den Fußabdruck eines Bergelefanten. Groß. Frisch. Ich denke mir nur: Nach der ersten Gorilla-Begegnung fehlt jetzt nur noch, dass wir einem Elefanten auf die Siesta gehen. Doch die Begegnung bleibt aus.

Nach gut zweieinhalb Stunden ist es dann soweit. Unsere Gorillagruppe wurde aufgespürt – sie befindet sich auf einem Berghang, im dichten Regenwald vor uns. Der Zugang ist nicht einfach: steile Hänge, kaum Platz, das Gestrüpp dicht, der Boden rutschig. Wir arbeiten uns heran und beobachten die Familie aus kurzer, aber respektvoller Distanz. Der Silberrücken dieser Gruppe sitzt ruhig im Unterholz, kaut Blätter. Andere Familienmitglieder – Blackbacks, Weibchen, Jungtiere – ruhen, fressen, schauen sich um.

Plötzlich kommt Bewegung auf. Ein Weibchen sitzt nur wenige Meter von uns entfernt im Dickicht. Als wir uns auf dem Hang etwas zu nah heranbewegen, trommelt sie mit beiden Fäusten auf die Brust. Ein klares Zeichen: Bis hierher und nicht weiter. Wahrscheinlich eine Warnung – denn auch Jungtiere sind in der Gruppe. Also ich habe es kapiert.

lohnenswerter Abstecher. Wir selbst entscheiden uns allerdings dagegen und nehmen den direkten Weg nach Tangermünde.

Wenig später nähert sich ein junges Männchen neugierig. Die Situation ist angespannt, aber wir wissen nun, wie wir uns zu verhalten haben. Wir gehen in die Hocke, beugen uns vor, vermeiden Blickkontakt, der Blick bleibt starr nach unten gerichtet. Das junge Tier bahnt sich unbeeindruckt seinen Weg durch das Unterholz – das dichte Gestrüpp scheint für ihn kaum ein Hindernis zu sein.

Bei einer Mitreisenden baumelt ein kleiner Affen-Schlüsselanhänger am Rucksack – genau das scheint die Neugier des Gorillas zu wecken. Er tritt näher, untersucht das Objekt ganz genau, beinahe zärtlich. Wir halten den Atem an. Nach ein paar Minuten wendet er sich ab – diesmal kein Lektion seitens des Gorillas.

Wir sind erleichtert – und überwältigt. Was für ein Moment – das geht unter die Haut. Ich glaube, wir alle wissen in diesem Moment, wie besonders und selten diese Erfahrung ist.

Nach etwa 30 Minuten ist unsere Zeit vorbei. Einer der Ranger gibt uns ein leises Signal. Der Abschied fällt schwer – aber es ist richtig so. 

Die Ranger geben das Zeichen. So leise wie wir gekommen sind, ziehen wir uns wieder zurück. Ich halte kurz inne, versuche, mir diesen Moment einzuprägen. Wie viele Menschen auf der Welt haben die Möglichkeit, Gorillas in freier Wildbahn zu sehen…?

Der Rückweg ist zwar genauso lang, aber fühlt sich leichter an. Wir kehren am späten Nachmittag ins Camp zurück – erschöpft, staubig, aber euphorisch. Die zweite Gruppe hat ihre Familie schneller gefunden, war aber nicht so dicht dran wie wir – und kann nicht mit solchen Begegnungen aufwarten.

Wir teilen Fotos, Erlebnisse, Lacher. Alle sind sich einig: Diesen Tag wird niemand von uns je vergessen.

Vierter & fünfter Tag: Von Tangermünde über Arneburg nach Havelberg und weiter zum Kamerner See

Kibale Forest Nationalpark

Ein paar Tage später wirkt das Gorilla-Erlebnis immer noch nach – nicht nur wegen der Nähe, sondern wegen der Einzigartigkeit dieses Moments. Berggorillas gehören zu den bedrohtesten Tierarten der Welt. Über Jahrzehnte hinweg wurden sie gejagt – zur Trophäenherstellung, für illegale Zoohaltung oder schlicht aus Unwissen. Hände als Aschenbecher, Schädel als Souvenir – das ist kein Ruhmesblatt der Menschheitsgeschichte.

Zurück in der Zivilisation sehe ich den Film „Gorillas im Nebel“ – das Biopic über Dian Fossey, die in den 1970er- und 80er-Jahren maßgeblich zum Schutz der Gorillas beitrug. Es ist erstaunlich, wie nah der Film an der Realität ist – viele Szenen erinnern mich direkt an unsere eigene Tour. Ein großartiger Film, der den Blick auf diese Tiere noch einmal schärft.

Im Bwindi Impenetrable Forest hat sich die Population der Berggorillas nach Jahren der Wilderei und Lebensraumzerstörung 

langsam wieder erholt. Dazu tragen auch die streng reglementierten Gorilla-Trekkings bei. 

Nur wenige Gruppen pro Tag erhalten eine Genehmigung, ein Besuch ist teuer – aber genau dieses Geld fließt in den Schutz der Tiere: Ranger, Wildhüter, Forschung und lokale Gemeinden profitieren direkt. Der sanfte Tourismus hat hier tatsächlich eine Schutzfunktion übernommen.

Nach diesem intensiven Erlebnis geht es weiter: Wir fahren in den Queen Elizabeth Nationalpark, bekannt für seine Artenvielfalt – von Elefanten bis zu Löwen (auch wenn ich die berühmten baumkletternden Exemplare leider nicht entdecke).

Dann folgt noch ein Ausflug in den Kibale Forest Nationalpark, wo wir Schimpansen aufspüren. Auch hier kommen wir einem Tier erstaunlich nah. Zum Abschluss der Reise kehren wir nach Nairobi zurück. Drei Wochen Ostafrika – von Stränden über Savannen bis in den Nebelwald – liegen hinter uns. Viele Bilder, viele Kilometer, viele Tiere.

Schimpanse im Kibale Forest Nationalpark

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.

Das war der Hike zu den Berggorillas!

Afrika hat geliefert – wild, eindrucksvoll, unvergesslich. Und dann war da dieser Gorilla, der auf uns zustürmte, einen Ast warf – und uns leben ließ. Ist so. Wie wäre es jetzt mit etwas Mittel- und Südamerika-Action?