Panama – mehr als nur ein Kanal. In diesen Reiseberichten nehme ich euch mit auf eine Tour durch das Land zwischen Karibik und Pazifik, vom Großstadttrubel in Panama City bis zu einsamen Stränden, Vulkanpfaden und tropischem Regen.

Es geht um volle Busse ohne Fahrplan, leere Hostels in der Nebensaison, eindrucksvolle Natur, ein Besuch im SOS-Kinderdorf – und viele kleine Momente dazwischen, in denen das Reisen das macht, was es am besten kann: überraschen.

Über NYC nach Panama City

Panama City

Der Rucksack sitzt, das Ticket ist gebucht – und das Reisefieber hat mal wieder das Kommando übernommen. Dieses Mal geht’s nach Mittelamerika, mit einem kurzen Zwischenstopp in New York. Eine Stadt, die niemals schläft – ideal also für alle, die sowieso nicht schlafen können, wenn das nächste Abenteuer ruft.

Schnurstracks geht es weiter nach Panama City, der Hauptstadt Panamas und meinem Startpunkt für die kommenden Wochen. Schon beim Landeanflug wirkt die Stadt beeindruckend: eine moderne Skyline vor dem dunklen Wasser des Pazifiks, durchzogen von Lichtern, die sich in den Wolken spiegeln.

Mit rund 1,5 Millionen Einwohnern ist Panama City nicht nur das wirtschaftliche Zentrum des Landes, sondern auch eine der dynamischsten Städte der Region. Sie liegt an der Pazifikküste, nur etwa 80 Kilometer vom Atlantik entfernt – verbunden durch ein einziges, weltberühmtes Bauwerk: den Panamakanal.

Ich quartiere mich im 6er-Dorm eines Hostels ein – kein Luxus, aber funktional. Keine Schnarcher, keine Dramen – und ein Vorhang am Bett sorgt für ein kleines bisschen Privatsphäre. Inklusive Ventilatorgeräuschkulisse und sanftem Tropenflair.

Am nächsten Tag geht’s direkt los mit einem echten Klassiker: dem Panamakanal, Herzstück der Nation und ein technisches Wunderwerk, das den gesamten Welthandel beeinflusst. Seit 1914 verbindet die künstliche Wasserstraße den Atlantischen Ozean mit dem Pazifik und erspart Schiffen die lange Umfahrung Südamerikas.

Jährlich passieren über 14.000 Schiffe den Kanal – von Containerriesen bis Kreuzfahrtriesen, die Zentimeterarbeit zwischen den Schleusenkammern leisten. 

Ich fahre zu den Miraflores-Schleusen, die nur eine halbe Stunde außerhalb des Stadtzentrums liegen. Dort beobachte ich, wie riesige Frachtschiffe mit Hilfe von Schleusen und Zugmaschinen – den sogenannten „Mulas“ – auf ein höheres Niveau gebracht werden, um quer durchs Land geschleust zu werden.

Das dazugehörige Besucherzentrum ist modern und informativ. Es gibt Ausstellungen über die Geschichte des Kanals – von den ersten französischen Fehlversuchen über die amerikanische Fertigstellung bis zur Übergabe an Panama im Jahr 1999. Ein Highlight: der Schiffssimulator, bei dem ich virtuell ein Frachtschiff durch die Schleusen manövrieren darf. Spoiler: Der Hafenmeister hätte mir wohl keine Lizenz ausgestellt.

Am Nachmittag zieht es mich in die Altstadt – Casco Viejo. Seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe, ist sie das historische Herz der Stadt: Kolonialbauten, enge Gassen, kunstvolle Balkone, Cafés und Plätze mit Blick auf die Bucht. Noch ist vieles im Umbruch – manche Häuser strahlen frisch renoviert, andere warten noch auf ihre zweite Chance. Aber genau diese Mischung macht den Reiz aus.

Der Kontrast zur angrenzenden modernen Neustadt könnte größer kaum sein. Dort wachsen futuristische Hochhäuser in den Himmel, allen voran der ikonische F&F Tower – ein grüner, spiralförmiger Wolkenkratzer, der aussieht wie eine überdimensionale Drillbohrung in den Himmel.

Mein erster Eindruck?Panama City überrascht. Tropisch, modern, geschichtsträchtig, laut, chaotisch, spannend – eine Stadt mit vielen Gesichtern. Und ein perfekter Einstieg für das, was Mittelamerika hoffentlich noch alles bereithält.

Skyline von Panama City

Sonnenbrand in San Blas

San Blas

Der erste Ausflug steht an – drei Tage Inselzeit im San-Blas-Archipel, einer der wohl schönsten Flecken entlang der Karibikküste Panamas. Das Archipel besteht aus etwa 365 Inseln, von denen nur rund 50 dauerhaft bewohnt sind. Der Rest sind palmengesäumte Miniaturparadiese – manche kaum größer als ein Volleyballfeld. Und auch wenn man es kaum glauben mag: Viele dieser Inseln gehören tatsächlich Familien oder einzelnen Mitgliedern des indigenen Kuna-Volkes, das hier seit Jahrhunderten lebt.

Die Bilder aus dem Internet versprechen kristallklares Wasser, strahlend weißen Sand und Postkartenidylle pur. Bleibt nur zu hoffen, dass das Wetter mitspielt. Also: Daumen drücken.

Aus dem Hostel hat sich eine nette kleine Reisegruppe gefunden, und gemeinsam starten wir frühmorgens. Erst geht es zwei Stunden mit dem Jeep über kurvige, holprige Straßen durch den Regenwald in Richtung Küste – nichts für schwache Mägen, aber landschaftlich beeindruckend. Dann steigen wir auf ein Boot um, das uns zur Unterkunftsinsel bringt.

Diese ist – wie so viele hier – winzig. In zwei Minuten hat man sie einmal umrundet. Ein paar Hütten, Hängematten, Palmen, das Rauschen des Meeres – mehr braucht es eigentlich nicht. Ich bin wieder im Dorm untergebracht, diesmal mit sieben Mädels. Wo die Männer sich rumtreiben? Keine Ahnung – vielleicht auf dem Festland oder auf der Suche nach Inseln mit Fußballfernsehen. Mir soll's recht sein. Frauen schnarchen in der Regel weniger, und Insekten halten sich auch zurück.

Drei Tage, zwei Nächte – der Ablauf ist simpel, aber herrlich entschleunigt: tagsüber Inselhopping per Boot, abends gibt’s Rum, Fisch und Geschichten unter Sternenhimmel. Das Wetter ist durchwachsen. An den ersten beiden Tagen ist es eher nass und wolkenverhangen, aber die Stimmung bleibt gut. Man hilft sich eben mit dem lokalen Rum – der ist günstig, süß und erstaunlich effektiv.

Am dritten Tag reißt der Himmel auf, und plötzlich zeigt sich San Blas so, wie man es sich erträumt hat: türkisfarbenes Wasser, das im Sonnenlicht glitzert, feiner Sand, leise Wellen und eine entspannte Brise, die durch die Palmen weht. Wir steuern mehrere Inseln an, schnorcheln an einem alten Schiffswrack und begegnen sogar einem Delfin, der kurz unser Boot begleitet.

Zum Mittag gibt’s fangfrischen Fisch, direkt am Strand zubereitet. Schlicht, aber unglaublich lecker – mit Blick auf das offene Meer schmeckt sowieso alles doppelt so gut.

Was San Blas so besonders macht, ist nicht nur die landschaftliche Schönheit, sondern auch die Tatsache, dass es keine klassischen Resorts oder Hotelketten gibt. Der Tourismus wird ausschließlich von den Kuna selbst organisiert. Sie betreiben einfache Gästehütten, führen die Bootstouren durch und kümmern sich um Verpflegung. Die meisten Inseln haben keinen Strom (oder nur stundenweise über Generatoren), es gibt kein WLAN, kein fließendes Wasser – dafür aber echte Ruhe, klare Sterne und ein Gefühl von Authentizität, das man in touristisch erschlossenen Regionen oft vermisst.

Das Volk der Kuna (auch Guna genannt) ist für seine Unabhängigkeit und kulturelle Stärke bekannt. Seit Jahrzehnten verwalten sie ihre autonomen Gebiete – die sogenannte Guna Yala-Region – selbst. Wer hier eine Insel besitzen möchte, muss entweder Kuna sein oder einen Kuna-Partnerin heiraten. Das verhindert zwar nicht langfristig jede Veränderung, schützt die Region aber bislang ganz gut vor Massentourismus und kommerzieller Ausbeutung.

Natürlich ist das Paradies nicht ewig sicher – irgendwann wird sicher auch hier der Druck von außen wachsen. Aber heute, jetzt, in diesem Moment, ist San Blas genau das, was viele sich unter einem karibischen Traum vorstellen: ursprünglich, entspannt und atemberaubend schön.

Ach ja – der Sonnenbrand kam dann doch noch. Tag drei, keine Wolke in Sicht, SPF 30 war offenbar zu optimistisch. Aber wenn schon, dann wenigstens mit Aussicht.

Ein Besuch, der hängen bleibt – im SOS-Kinderdorf Penonomé

Penonomé

Heute steht ein besonderer Termin auf dem Plan. Schon bei der Planung meiner Reise war klar: Ich möchte nicht nur unterwegs sein, um Landschaften zu bestaunen und neue Orte zu entdecken, sondern auch etwas zurückgeben. Und so führt mich mein Weg an diesem Tag ins Landesinnere Panamas, nach Penonomé, etwa zwei Stunden westlich von Panama City gelegen.

Penonomé ist eine ruhige Provinzstadt – kein klassisches Touristenziel, aber ein lebendiger Ort zwischen Marktständen, Schulkindern und hupenden Bussen. Hier, etwas abseits des Zentrums, liegt ein SOS-Kinderdorf, das ich an diesem Tag besuchen darf. Es ist eine Gelegenheit, einen Einblick in eine Welt zu bekommen, die man als Reisender sonst oft nur aus Erzählungen kennt.

Ich werde freundlich empfangen und in ein schlichtes Büro gebeten. Dort erfahre ich zunächst mehr über die Arbeit vor Ort. Das Kinderdorf existiert seit über 25 Jahren, derzeit leben hier 89 Kinder, die aus schwierigen familiären Verhältnissen stammen: Armut, Vernachlässigung, Gewalt oder instabile Lebensumstände prägen viele ihrer Geschichten.

In der Einrichtung werden die Kinder einer Pflegemutter zugeteilt, die mit ihnen zusammen in einem der kleinen, eigenständigen Häuser lebt. Die Idee: ein stabiles, familienähnliches Umfeld schaffen, in dem sich die Kinder entwickeln, erholen und neu orientieren können. Ab einem Alter von etwa 14 Jahren wechseln viele der Jugendlichen in betreute Apartments in der Stadt, wo sie Schritt für Schritt auf ein eigenständiges Leben vorbereitet werden – mit schulischer Unterstützung, Berufstraining und persönlicher Begleitung.

Ich darf bei einem Rundgang einige dieser Häuser besuchen – jedes mit eigener Küche, Gemeinschaftsraum, Kinderzimmern, voller Leben und Alltag. Die Pflegemütter, die jeweils fünf bis

sieben Kinder betreuen, leisten beeindruckende Arbeit: kochen, helfen bei Hausaufgaben, organisieren den Alltag, hören zu, begleiten. Ein Alltag, der viel Kraft erfordert – aber auch viel Nähe schafft.

Da es Samstag ist, sind viele der Kinder zuhause. Sie begrüßen mich neugierig, zeigen mir ihre Zimmer, erzählen, was sie gerade lernen oder spielen. Es herrscht eine freundliche, offene Atmosphäre, die an das erinnert, was man in jeder Familie spüren möchte: Struktur, Wärme, ein bisschen Chaos – und Geborgenheit.

Im Anschluss darf ich noch eine der städtischen Wohngruppen besuchen. In einem kleinen Apartment am Rande von Penonomé treffe ich zwei Jugendliche, die bereits auf eigenen Beinen stehen – mit Unterstützung. Einige der Mitbewohner*innen sind gerade bei der Arbeit, wie ich erfahre. Wir unterhalten uns kurz, tauschen uns aus, und wieder spüre ich: Hier wird nicht nur „verwahrt“, hier wird begleitet, ermutigt und unterstützt.

Zum Schluss besuchen wir noch eine junge Frau an ihrem Arbeitsplatz – sie hat selbst ihre Kindheit im SOS-Kinderdorf verbracht, später studiert und ist nun berufstätig. Ein stiller, aber beeindruckender Moment. Der Weg von der Kindheit bis hierher war sicher kein leichter – aber einer, der möglich gemacht wurde.

Nach etwa zwei Stunden geht es zurück. Ich habe Interviews aufgenommen, Eindrücke gesammelt, Gespräche geführt – aber vor allem einen Ort gesehen, an dem viel Verantwortung mit Herz getragen wird.

Ich verabschiede mich mit einem Gefühl der Dankbarkeit. Für die Offenheit. Für das Vertrauen. Und dafür, dass ich für einen kurzen Moment Teil von etwas wirklich Wertvollem sein durfte.

Tafel zum SOS Kinderdorf in Penonomé

Einwurf: Busfahren auf panamaisch

Unterwegs

Das Reisen in Mittelamerika ist manchmal ein bisschen wie Improvisationstheater – man weiß nie genau, was passiert, aber irgendwie funktioniert es dann doch. Mein Weg führt mich von Panama City über PenonoméSantiago und Sonábis nach Santa Catalina – ein kleiner Ort an der Pazifikküste. Klingt nach vielen Umstiegen? Ist es auch. Aber überraschend effizient.

Am Busbahnhof läuft es etwa so: Man fragt sich mit einem „¿Para Santiago?“ zum nächsten Bus durch, wird weitergewinkt, nickt anderen Reisenden zu, folgt dem Strom – und steht plötzlich vorm richtigen Gefährt. Kein Fahrplan, keine App, kein QR-Code. Dafür Menschen, die Bescheid wissen, und das genügt.

Am Bus angekommen, springt sofort jemand herbei, schnappt sich freundlich den Rucksack und verstaut ihn im Gepäckraum. Gezahlt wird meistens unterwegs oder beim Aussteigen. Der Service ist unkompliziert und überraschend hilfsbereit – ganz im Gegensatz zu dem, was man vielleicht aus anderen Großstädten kennt. In Berlin etwa wird einem ja gerne die Tür vor der Nase zugemacht. Fahrplan ist Fahrplan.

Ich nehme also im Bus Platz, der Sitz lässt sich zurücklehnen, die Klimaanlage läuft auf arktisch. Es läuft ein Film. Halle Berry, 

Notrufpolizistin im Dienst, kämpft um das Leben eines Entführungsopfers.

Leider handelt es sich nicht um einen harmlosen Krimi, sondern um einen Thriller mit ziemlich düsteren Szenen. Ich drehe mich um: Der Bus ist voll mit Kindern – Chips in der Hand, völlig unbeeindruckt. Neben mir hält sich eine Frau die Augen zu, die Kids dagegen sind voll drin. Andere Länder, andere Filmfreigaben.

Im nächsten Bus auf dem Weg nach Soná dröhnt Reggaeton aus den Bordlautsprechern. Zeitgleich lassen andere Fahrgäste eigene Musik vom Handy laufen – lauter als die Anlage. Niemand beschwert sich, niemand zuckt mit der Wimper. Es scheint, als gäbe es hier eine unausgesprochene Übereinkunft: Jede:r macht sein Ding – und das ist auch okay so.

Fahrt Nummer drei wird begleitet von einem Gewitter. Blitz, Donner, Tropenregen. Kurz vor Santa Catalina schlägt ein Blitz direkt neben unserem Bus in einen Strommast ein – taghell, ein leiser Ruck durch die Kabine. Alles bleibt ruhig. Auch ich – zumindest äußerlich.

Am Abend komme ich in Santa Catalina an. Surfer:innen mit langen Haaren und salziger Haut laufen barfuß durch den Ort. Ich steige aus dem Bus, leicht zerzaust, aber heil angekommen – bereit für die nächste Etappe.

Zerfalles Haus

Isla Coiba - Schnorcheln zwischen Haien, Rochen und Reptilien

Isla Coiba

Santa Catalina, mein Ziel an der Pazifikküste Panamas, ist ein kleiner Ort, der vor allem bei Surfer:innen und Taucher:innen bekannt ist. Wellen, Sonnenuntergänge und entspannte Atmosphäre inklusive. Ich hatte ursprünglich einen Abstecher zur Partyinsel Bocas del Toro geplant, aber nach Gesprächen mit anderen Reisenden kurzerhand umdisponiert – Coiba soll spektakulär sein, heißt es. Weniger Trubel, mehr Natur. Ich bin neugierig.

Isla Coiba liegt etwa eine Bootsstunde von Santa Catalina entfernt und ist der größte Meeresnationalpark Zentralamerikas. Einst war sie eine Gefängnisinsel, heute ist sie UNESCO-Weltnaturerbe und Heimat für unzählige Tier- und Pflanzenarten – viele davon endemisch. Kein Wunder, dass sie gern als das "Galápagos von Panama" bezeichnet wird.

Am frühen Morgen geht’s los. Wir besteigen ein kleines Boot, die Sonne steht noch tief. Nach rund einer Stunde Fahrt erreichen wir die Insel – grün, unberührt, mit einsamen Stränden. Kein Mobilfunk, keine Hotels, keine Straßen. Ein Ort, an dem man das Gefühl für Zeit verliert.

Beim ersten Schnorchelgang geht es direkt zur Sache: In den ersten dreißig Minuten sehe ich Korallenriffe, Fischschwärme, eine Meeresschildkröte, einen Weißspitzen-Riffhai und einen Mantarochen. Unser Guide schwimmt mit, zeigt uns Details, die man sonst leicht übersieht. Unter Wasser ist alles ruhiger – aber nicht weniger aufregend.

Zwischen den Schnorcheleinheiten landen wir an einem kleinen Strand. Ich setze mich in den Sand – und wundere mich, warum sich die Muscheln um mich herum plötzlich bewegen. Einsiedlerkrebse! Dutzende. Sie scheinen meine Anwesenheit eher irritierend zu finden und machen sich hastig aus dem Staub. Verstehe ich.

Später besuchen wir eine kleine Forschungsstation auf der Insel, wo ich erfahre, dass auf Coiba Krokodile leben – sowohl Süß- als auch Salzwasserarten. Sie schwimmen teils bis zu unseren Schnorchelstellen hinaus. Aktuell sei Paarungszeit, erklärt man uns – die Tiere hätten sich daher in die Flussläufe im Inselinneren zurückgezogen. „Etwas romantischer dort“, meint unser Guide trocken. Ich bin ganz froh, diese Info erst nach dem Schnorcheln bekommen zu haben.

An einem weiteren, traumhaft schönen Strand wird noch einmal Halt gemacht – allerdings mit dem Hinweis, sich nicht zu weit vom Wasser zu entfernen. Hinter dem Strand liegt ein Tümpel – und dort wohnt ein Krokodil.

Klar. Natürlich tut es das. Aber trotz (oder gerade wegen) dieser Begegnungen mit der Wildnis bleibt Isla Coiba ein echtes Naturjuwel – rau, ungeschliffen, faszinierend. Und der perfekte Beweis dafür, dass ein bisschen Abenteuer oft viel mehr zurückgibt als ein perfekt organisierter Ausflug.

Unterwegs in der Nebensaison

Boquete

Ich verlasse Santa Catalina, die Küste und das Salzwasser – und mache mich auf in die Bergwelt Panamas: Ziel ist Boquete, meine letzte Station im Land. Auf der Karte sieht das alles gar nicht so wild aus – ein überschaubarer Sprung nach Nordwesten. Die Realität ist jedoch eine andere: ein ganzer Reisetag, inklusive diverser Buswechsel, Tropenhitze und Fahrplanlogik nach dem Motto „kommt, wie’s kommt“.

Der Abschnitt zwischen Santiago und David, der letzten größeren Stadt vor Boquete, fordert besonders die Geduld. Ich sitze mit einem schwedischen Paar allein im Bus – was schon etwas seltsam wirkt. Drei Fahrgäste auf einer langen Strecke? Nicht gerade rentabel. Der Busfahrer sieht das ähnlich: Nach etwa 30 Minuten Fahrt teilt er uns mit, dass wir „nochmal kurz zurückmüssen“, um weitere Fahrgäste aufzunehmen. Klingt nach 15 Minuten – wird aber eine komplette Rückfahrt nach Santiago. Macht also über eine Stunde Umweg. Südamerikanische Gelassenheit ist gefragt. Ich übe noch.

Am Abend erreiche ich Boquete, ein kleines, grünes Städtchen auf rund 1.200 Metern Höhe. Die Temperaturen sind angenehm, die Luft frisch, die Atmosphäre entspannt. Ich checke in ein charmantes Hostel ein – es ist leer. Kein Mensch weit und breit. Ich frage die Empfangsdame, ob alle Touris verschwunden sind. Ihre Antwort: „Temporada baja“ – Nebensaison.

Und dann mit einem Grinsen hinterher: „Sólo vienen alemanes, para ellos siempre es temporada alta.“ – „Momentan kommen nur Deutsche, für sie ist immer Hochsaison.“ Ich fühle mich leicht ertappt.

Als sie um 22 Uhr Feierabend macht, habe ich die ganze Unterkunft für mich allein. 14 Dollar für den Dorm – und plötzlich Privatvilla-Feeling. Ich kann machen, was ich will: In

Unterwäsche durch die Flure wandern, die Füße auf den Tisch legen, Fernsehmarathon bis Mitternacht. Fast wie früher zuhause – nur mit Vulkanblick.

Zwei Tage verbringe ich in Boquete, das bei Wander:innen, Naturliebhaber:innen und Kaffee-Fans beliebt ist. Ich entscheide mich für ein bisschen Bewegung und laufe einen Teil des bekannten Quetzal Trails – benannt nach dem gleichnamigen, seltenen Vogel mit rot-grünem Gefieder und langem Schwanz. Theoretisch ist das ein Traum für Ornitholog:innen. Praktisch aber kämpfe ich mit schlammigen Pfaden, Hitze und Geröll. Der Quetzal kann sich zeigen, wie er will – ich schaue lieber auf meine Füße. Meine größte Sorge ist nicht der seltene Vogel, sondern eine gut getarnte Giftschlange.

Am nächsten Tag steht eigentlich Entspannung auf dem Plan. Ich mache mich auf den Weg zu den heißen Quellen von Caldera – doch laufe erst mal eine Stunde in die falsche Richtung. Als ich zurückkomme und endlich das Ziel erreiche, bin ich erschöpft. Der Plan war eigentlich: baden, relaxen, runterkommen. Stattdessen gibt’s eine weitere Wanderung und Kreislauf im Anschlag. In dem Moment wünsche ich mir ehrlich gesagt eher kalte Quellen.

Am Abend überlege ich, ob ich mir noch einen der bekanntesten Ausflüge in der Region antue: den Aufstieg zum Vulkan Barú. Man startet gegen 23 Uhr und erreicht den Gipfel pünktlich zum Sonnenaufgang gegen 5 Uhr morgens – mit etwas Glück sieht man beide Ozeane gleichzeitig: Pazifik links, Atlantik rechts. Ein echter Bucket-List-Moment.

Nur: Es meldet sich niemand an. Kein:e Mitwander:in weit und breit. Nebensaison eben.

Nebelwald in Boquete

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Das war Panama!

Panama war wild, herzlich und überraschend vielseitig. Doch die Reise geht weiter – Costa Rica wartet: mit Vulkanen, Regenwald und einer Portion Pura Vida.