Peru ist ein Land der Extreme: schneebedeckte Anden, endlose Wüsten, koloniale Städte und Millionenchaos in Lima. Im Süden warten Arequipa und der Colca Canyon mit majestätischen Kondoren, weiter nördlich die geheimnisvollen Nazca-Linien und das bunte Hauptstadtgewusel. Im Norden: Trujillo mit seinen Tempeln und ein kurzer Strandstopp in Máncora. Das große Finale aber spielt in Cusco – Ausgangspunkt für den Inka-Trail und die legendäre Stadt Machu Picchu.
Zu Gast bei Ureinwohnern
Puno
Die Einreise nach Peru ist unkompliziert, und mein erster Halt heißt Puno, die quirlige Stadt am Südufer des Titikakasees. Hier auf 3.820 Metern Höhe liegt der See so groß und majestätisch wie ein Meer, und die Peruaner sind stolz darauf, dass er der „höchstgelegene schiffbare See der Welt“ ist – auch wenn sich Geografen darüber streiten.
Von Puno aus geht es mit dem Boot zu den berühmten schwimmenden Inseln der Uros. Die Uros sind eine ethnische Minderheit, die ursprünglich vor den aggressiveren Völkern der Aymara und Inka floh und Schutz auf dem See suchte. Sie bauten Inseln aus Schilf, dem Totora-Schilf, das hier reichlich wächst. Ein genialer, aber fragiler Lebensraum: unten verrottet das Material ständig, oben muss regelmäßig nachgelegt werden. So entstehen schwimmende Plattformen, die sich wie ein riesiger Schwamm anfühlen.
Früher lebten die Uros als Fischer und Jäger von Wasservögeln. Heute hat sich ihr Alltag komplett verändert – sie leben vor allem vom Tourismus. Besucher werden mit dem traditionellen „Camisaraqui!“ begrüßt, es gibt Vorführungen zur Bauweise der Inseln und Einblicke in ihre Bräuche.
Klingt gut, doch das Ganze wirkt wie eine Show. Schon nach wenigen Minuten landen Souvenirs auf dem Schoß – Stickereien, Armbänder, Mini-Schilfboote. Authentizität? Schwer zu finden.
Sogar ein „schwimmendes Postamt“ gibt es – eine kleine Holzhütte, in der man überteuerte Postkarten und Briefmarken kaufen kann. Ein netter Gag, aber eher Marketing als Tradition. Ebenso die Bars mit Softdrinks und Bier, die es hier früher sicher nicht gab. Von den Aussichtstürmen blickt man über die Inselwelt – und gleichzeitig auf den touristischen Zirkus, den das Leben der Uros heute darstellt.
Eines der größten Probleme ist, dass die Uros in dieser Touristenrolle fast gefangen sind. Die Einnahmen durch Besucher sind ihre Haupteinnahmequelle geworden, Fischfang und Jagd spielen kaum noch eine Rolle. Das macht die Besuche zu einer zwiespältigen Erfahrung: spannend und einzigartig, aber auch traurig, weil das Ursprüngliche längst verloren gegangen ist.
Die Bootsfahrt kostet sechs Dollar – kein Vermögen, aber genug, dass ich sie nicht wiederholen würde. Einmal gesehen, reicht. Von hier an ruft das nächste Ziel: Arequipa, die weiße Stadt am Fuße der Anden.
Weiße Mauern, wilde Schluchten
Arequipa
Arequipa hat alles, was man sich von einer südamerikanischen Stadt erträumt: strahlend weiße Kolonialbauten aus vulkanischem Sillar-Stein, eine prächtige Plaza mit Kathedrale, unzählige Kirchen, Museen und Klöster. Tagsüber flaniert man durch malerische Gassen, abends locken Bars, Restaurants und ein pulsierendes Nachtleben. Über allem wachen drei mächtige Vulkane – El Misti, Chachani und Pichu Pichu – die wie schlafende Riesen über der Stadt thronen.
Doch das eigentliche Abenteuer beginnt außerhalb: im Colca Canyon, dem tiefsten Canyon der Welt, fast doppelt so tief wie der Grand Canyon. Mitten in der Nacht – um drei Uhr! – werde ich abgeholt, vier Stunden rumpelige Busfahrt später stehen wir am Rand der Schlucht. Ein Kondor zieht erhaben seine Kreise, als wolle er uns den Weg weisen, und dann geht’s mit einer kleinen Wandertruppe los: vier Stunden bergab bis zum Fluss, danach wieder hinauf, über weite Ebenen, bis wir am Abend unser einfaches Quartier erreichen.
Die Höhenluft fordert ihren Tribut. Manche Mitwanderer kämpfen schon früh mit Erschöpfung – kein Wunder, wenn man praktisch direkt vom Meeresspiegel hierher reist. Und dann das Gepäck: Während ich leichtfüßig mit 3 Kilo starte, trage ich schon bald den Rucksack einer Mitstreiterin. Drin: ein dicker Wälzer, ein defektes Trinksystem, eine Kamera. Macht in Summe satte 14 Kilo. Bergab geht es noch, bergauf eine Qual – aber ich beiße die Zähne zusammen und schwitze still vor mich hin.
Am nächsten Morgen um 4:30 Uhr weckt uns unsere Guide – und es geht an den harten Teil: den Aufstieg zurück an den Rand des Canyons. Wer nicht mehr kann, hat genau eine Option: ein Esel-Taxi. Und tatsächlich, einer aus der Gruppe entscheidet sich dafür. Nicht würdevoll, aber praktisch. Für mich gibt’s kein Entrinnen – ich trage meinen „Luxusrucksack“ bis nach oben. Der Aufstieg ist brutal, die Luft dünn, die Sonne gnadenlos, aber irgendwann ist es geschafft. Das Gefühl, am Gipfel anzukommen, ist unbeschreiblich: erschöpft, stolz und voller Glück. Danach sinken wir in heiße Quellen, und die Muskeln danken es.
Zurück in Arequipa wartet ein anderes Abenteuer – diesmal kultureller Art. Im Museo Santuarios Andinos begegnet man der „Juanita“, einem Inka-Mädchen, das vor über 500 Jahren auf dem Vulkan Ampato geopfert wurde.
Damals erschütterte ein Ausbruch die Region, die Inka sahen darin den Zorn der Götter. Um sie zu besänftigen, wählten sie das „reinste Opfer“: Kinder aus wohlhabenden Familien, die betäubt, begleitet von Priestern, in die Höhe geführt wurden. Juanita starb durch einen Schlag auf den Kopf – grausam und doch von tiefer spiritueller Bedeutung. Für die Inka bedeutete das Opfer kein Ende, sondern eine Verwandlung in eine Gottheit, die ihrem Volk Schutz bringen sollte.
Ihr Körper blieb durch Kälte und Höhe außergewöhnlich gut erhalten, Haut, Haare, Kleidung – alles fast wie eingefroren. Heute liegt sie in einer Vitrine im Museum, auf Eis gebettet. Ihr Blick, eingefroren im Moment des Todes, geht einem unter die Haut. Es ist faszinierend und unglaublich eindrücklich zugleich.
Ein weiterer Höhepunkt ist das Kloster Santa Catalina, eine Stadt in der Stadt. Jahrhunderte lang war es abgeschottet, nur wenige wussten, was sich hinter den hohen Mauern abspielte. Der Komplex ist riesig: enge Gassen in kräftigem Rot und Blau, ruhige Innenhöfe, kleine Kapellen, Brunnen und Gärten. Gegründet im 16. Jahrhundert von einer reichen Witwe, war Santa Catalina exklusiv: nur Töchter aus wohlhabenden Familien durften eintreten – gegen eine üppige Mitgift. Die zweitgeborene Tochter war oft „gesetzt“ fürs Kloster.
Das Leben hier war abgeschieden, aber keineswegs armselig. Die Nonnen lebten in großzügigen Zellen, die eher kleinen Wohnungen ähnelten, mit eigener Küche und manchmal sogar Bediensteten. Während draußen das Leben hart und karg war, genossen die Bewohnerinnen hier einen gewissen Komfort – eine Mischung aus strenger Religiosität und elitärer Bequemlichkeit. Erst 1970 wurde das Kloster der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, und heute wirkt es wie ein Stück Zeitgeschichte, eingefroren in Mauern aus Sillar. Beim Schlendern durch die stillen Gassen fühlt man sich, als hätte man eine Parallelwelt betreten.
Drei Tage Arequipa: Wanderungen im Canyon, Begegnungen mit der Welt der Inka, stille Stunden in Santa Catalina – eine Stadt voller Kontraste, Geschichte und Energie. Doch lange ausruhen gibt es nicht. Nächstes Ziel: die geheimnisvollen Nazca-Linien.
Linien aus einer anderen Welt
Nazca
Die Anreise nach Nazca ist ein Abenteuer für sich. Tagelang überlege ich, ob ich tagsüber oder nachts fahren soll. Mehrere Reisende raten mir: „Nimm den Nachtbus – dann siehst du die Abgründe nicht.“ Klingt makaber, ist aber logisch: Die Strecke führt über enge Serpentinen, tiefe Schluchten und vorbei an zahllosen Kreuzen am Straßenrand – stille Zeugen vergangener Unfälle. Also steige ich nachts ein, und tatsächlich: Perus Fernbusse sind ein Erlebnis. Bequeme „Cama“-Sitze, fast Betten, Lederpolster, Klimaanlage, Abendessen und eine Stewardess. Lediglich das WLAN ist Wunschdenken. So lässt es sich reisen, und am Morgen wache ich auf, bemerke somit, dass die Fahrt und Unfall überstanden ist rolle obendrein ausgeschlafen in Nazca ein.
Die Stadt selbst wirkt unscheinbar: ein staubiges Wüstenstädtchen. Doch in der Umgebung liegt eines der größten Rätsel der Menschheit – die Nazca-Linien. Auf einer Ebene von über 500 Quadratkilometern breiten sich Hunderte von Scharrbildern aus: mehr als 800 Linien, 3.000 geometrische Figuren und etwa 70 Tier- und Pflanzenzeichnungen. Manche Linien sind über 20 Kilometer lang, Figuren wie der Kolibri oder der Affe messen über 300 Meter.
Die Entdeckung war Zufall: 1939 flog ein US-Pilot über die Gegend und bemerkte die Muster im Sand. Für die Wissenschaft war es eine Sensation. Die Linien entstanden durch ein einfaches, aber geniales Prinzip: Die obere dunkle Schicht der Wüste wurde abgetragen, sodass der helle Untergrund sichtbar wurde. Dass diese Spuren über Jahrtausende erhalten blieben, verdankt man dem extrem trockenen Klima. In Nazca regnet es kaum – und so überdauern die Linien Jahrhunderte.
Die Schöpfer waren die Menschen der Nazca-Kultur (200 v. Chr. – 600 n. Chr.), ein Volk, das lange vor den Inka lebte. Doch die große Frage lautet: Wozu das Ganze?
Einige Archäologen sehen in den Linien einen riesigen Kalender. Bestimmte Figuren und Linien sollen mit Sternen und Sonnenwenden in Verbindung stehen. Andere sprechen von Prozessionswegen: Pfade, die die Priester abschritten, um die Götter um Regen zu bitten. In einer der trockensten Regionen der Erde war Wasser überlebenswichtig. Wieder andere glauben, die Linien seien rituellen Zeremonien gewidmet – Opfergaben, die von den Göttern aus dem Himmel gesehen werden sollten. Und natürlich gibt es auch die Alien-Theorie, populär gemacht von Erich von Däniken: Landeplätze und Botschaften für außerirdische Besucher.
Eine der wichtigsten Figuren in der Erforschung ist die deutsche Mathematikerin Maria Reiche. Sie widmete fast ihr gesamtes Leben den Linien, kartierte sie akribisch, lebte jahrzehntelang unter einfachsten Bedingungen in der Wüste und kämpfte dafür, sie zu schützen. Ohne sie wären viele heute wohl durch Straßenbau oder Landwirtschaft zerstört.
Wer die Linien wirklich erleben will, muss in die Luft. Also rein in eine kleine Propellermaschine. Schon beim Abheben wird mir mulmig – die Erinnerung an einen kürzlichen Absturz in der Region sitzt tief. Doch als wir über die Wüste kreisen, ist das alles vergessen. Plötzlich tauchen sie auf: die Spinne, der Kondor, die Hände, der Hund, der Affe mit seinem eingerollten Schwanz. Jeder Schwung des Piloten legt eine neue Figur frei. Am bizarrsten ist der sogenannte „Astronaut“ – eine Figur mit großem Kopf an einem Hang, offiziell wohl ein Priester, für uns heute aber wie ein Besucher aus dem All.
Der Flug dauert nur eine halbe Stunde, aber er bleibt unvergesslich. Diese riesigen Bilder, geschaffen von Menschen ohne Flugzeuge oder moderne Technik, sind ein Beweis für die Kreativität und das Wissen einer uralten Kultur. Ob Kalender, Ritual oder Botschaft – sicher weiß es niemand. Vielleicht war genau das die Absicht: ein Geheimnis, das den Himmel und die Erde verbindet.
Nach diesem Abstecher in die Wüste und die Vergangenheit mache ich mich auf den Weg in die Hauptstadt Lima.
Pizarros Gebeine, eine Pyramide und ein Lama
Lima
Willkommen in Lima, der Hauptstadt Perus – eine Stadt der Gegensätze. Hier leben über zehn Millionen Menschen, viele in den Armenvierteln der Pueblos Jóvenes, die wie Favela-Siedlungen an den Hängen kleben, oft ohne Strom und fließendes Wasser. Gleichzeitig pulsiert im Zentrum eine Mischung aus spanischen Kolonialbauten, modernen Einkaufszentren und Relikten versunkener Kulturen. Chaos und Vielfalt liegen Tür an Tür.
Das Herz der Stadt ist die Plaza de Armas, einst von Francisco Pizarro selbst festgelegt. Hier stehen der Regierungspalast, der Erzbischofspalast und die Kathedrale von 1535. In ihr ruhen bis heute die Gebeine Pizarros – jenes spanischen Conquistadors, der das Inkareich unterwarf, Gold und Silber in Strömen nach Europa verschiffte und nebenbei die Stadt Lima gründete. Ein Mann, der Südamerika prägte – brutal, blutig, aber unbestreitbar geschichtsmächtig.
Nur ein paar Schritte entfernt, an der Plaza San Martín, steht die Statue der „Madre Patria“. Ursprünglich sollte sie eine Flammenkrone tragen, doch ein Übersetzungsfehler machte aus „llama“ (Flamme) ein „llama“ (Lama). So ziert bis heute ein kleines Lama den Kopf der Nationalmutter – ein unfreiwillig komisches Wahrzeichen.
Doch Lima ist mehr als koloniale Fassaden. An der Küste liegt das moderne Viertel Miraflores mit Hochhäusern, Parks und Klippen über dem Pazifik. Hier flaniert man an der Strandpromenade, sieht Paraglider über der Bucht kreisen oder gönnt sich das Nationalgericht.
Ceviche: roher Fisch, gegart durch Zitronensaft, mit Zwiebeln und Chili – frisch, leicht, absolut köstlich. Dazu passt der Pisco Sour, der Nationaldrink. Ob peruanisch oder chilenisch erfunden, sei dahingestellt – in Lima schmeckt er jedenfalls hervorragend.
Ein kulturelles Highlight ist das Museo Larco, das präkolumbische Kunst zeigt, und vor allem die Huaca Pucllana, eine riesige Lehmziegelpyramide mitten in der Stadt. Sie stammt aus der Lima-Kultur (um 400 n. Chr.), einer Zivilisation lange vor den Inka. Clever konstruiert: Die Lehmziegel wurden hochkant und versetzt geschichtet, sodass das Bauwerk sogar Erdbeben standhielt. Vieles davon fiel in den folgenden Jahrhunderten den expandierenden Stadtvierteln zum Opfer – aber der erhaltene Teil ist beeindruckend und wirkt surreal zwischen modernen Wohnblocks.
Abends zeigt Lima eine andere Seite: Im Parque de la Reserva, auch „Parque de las Aguas“ genannt, erstrahlen Fontänen in buntem Licht. Besonders beliebt: die „Mitmach-Fontäne“, bei der Wasserbögen plötzlich aus dem Boden schießen und Kinder wie Erwachsene durchnässen.
Lima ist laut, chaotisch, anstrengend – und doch faszinierend. Zwischen Pizarros Kathedrale, vorspanischen Pyramiden, kolonialem Glanz und modernen Bars zeigt die Stadt die ganze Bandbreite Perus. Aber irgendwann heißt es weiterziehen – in den Norden, nach Trujillo, wo neue Ruinen und die Strände der Pazifikküste warten.
Von Ruine zu Ruine
Trujillo
Trujillo wurde 1534 von Francisco Pizarro gegründet und nach seiner spanischen Heimatstadt benannt. Heute ist die Stadt bekannt für ihre bunten Kolonialbauten, ihre lebendige Plaza – und vor allem für die archäologischen Schätze in der Umgebung. Denn bevor die Inka die Geschichtsbücher füllten, gab es bereits Hochkulturen wie die Moche und die Chimú, die hier an der Küste erstaunliche Bauwerke hinterließen.
Der erste Stopp: die Huaca del Arco Iris, auch Regenbogenpyramide genannt. Sie war ein zeremonielles Zentrum der Chimú-Kultur, verziert mit Reliefs von Regenbögen und mystischen Figuren. Farbenfroh, eindrucksvoll – und ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt.
Spektakulär sind auch die Huacas del Sol y de la Luna, die Sonnen- und Mondtempel der Moche. Der größere Tempel, die Huaca del Sol, liegt leider noch immer halb unter Sand begraben. Der kleinere, die Huaca de la Luna, ist dagegen zugänglich – und hier versteht man die Logik der Moche: Stirbt ein Priester, wird der alte Tempel zugemauert und ein neuer darüber gebaut. So stapeln sich Generationen übereinander, wie eine Tempel-Lasagne. Das Praktische daran: Die alten Heiligtümer blieben perfekt konserviert, geschützt vor Wind, Wetter – und den gierigen Händen des Menschen. Heute kann man die freigelegten Wandmalereien bewundern: Götter, Krieger, Dämonen, in Farben, die nach über 1.500 Jahren immer noch strahlen.
Noch größer war die Stadt Chan Chan, einst Hauptstadt des Chimú-Reiches. Um 1300 gegründet, lebten hier bis zu 60.000 Menschen – damit war es die größte präkolumbische Stadt Amerikas. Gebaut wurde alles aus Adobe, sonnengetrockneten Lehmziegeln.
Heute sind die Mauern bröckelig, doch einst ragten sie bis zu zehn Meter in den Himmel und waren mit Mustern von Fischen und Meerestieren verziert. Paläste, Gräber, Versammlungshallen – eine ganze Metropole in der Wüste. Die Inka eroberten Chan Chan später, plünderten es aber nicht. Das überließen sie den Spaniern. Wie so oft in der Geschichte.
Einen Abstecher wert ist auch der Tempelkomplex El Brujo, ebenfalls von den Moche erbaut. Hier wurde eine besondere Entdeckung gemacht: die Mumie der Señora de Cao. Sie war nicht nur eine Hohepriesterin, sondern eine Herrscherin – also eine Frau an der Spitze eines ganzen Reiches! Während Frauen im Europa des 13. Jahrhunderts bestenfalls die Wahl zwischen Suppe und Eintopf hatten, regierte sie ein Imperium. Ihre Mumie ist spektakulär erhalten, inklusive Tattoos an den Armen – filigrane Muster, die zeigen, dass Körperkunst keine Erfindung der Neuzeit ist. Beeindruckend, fast ein wenig unheimlich.
Nach so viel Kultur ist ein Abstecher an den Strand von Huanchaco Pflicht. Zugegeben, die Strände sind nicht die schönsten der Welt, aber sie haben ihren Charme. Hier sieht man die traditionellen Schilfboote der Fischer, die Caballitos de Totora, die seit Jahrhunderten genutzt werden. Zwischen Ruinen und Wellen kann man wunderbar über die Vergänglichkeit nachdenken – oder einfach ein kaltes Bier genießen.
Trujillo zeigt eindrucksvoll, dass Peru weit mehr ist als Machu Picchu. Hier reiht sich eine Ruine an die nächste, jede mit ihrer eigenen Geschichte, jeder Stein ein Stück Vergangenheit. Nach so viel Historie ist es allerdings Zeit für etwas Entspannung – die Strände des Nordens warten.
Sonnenbrand garantiert!
Máncora
Eigentlich sollte in Huanchaco mein „Beach-Break“ stattfinden – doch die Strände dort waren so trist, dass selbst Nordsee-Urlaub im November glamourös wirkt. Also folge ich dem Rat einiger Einheimischer und schwinge mich in den Bus Richtung Máncora, fast an der Grenze zu Ecuador. Acht Stunden Fahrt liegen vor mir.
Busfahren in Südamerika ist nie langweilig. Diesmal entert ein junger Mann in feinem Zwirn während einer Pinkelpause den Bus, um uns auf die harte Wahrheit des Lebens vorzubereiten: Alkohol, Zigaretten, frittiertes Essen – alles verführerisch, aber leider ungesund. Und, oh Schreck, sie führen nicht nur zu Bluthochdruck und Übergewicht, sondern auch zu – Trommelwirbel – Impotenz! Bevor Panik ausbricht, zieht er die Wunderwaffe aus dem Hut: Ginseng! In Tablettenform, zum Sonderpreis. Natürlich greifen die Mitreisenden begeistert zu – Monats- und Jahresvorräte wechseln den Besitzer. Ich dagegen schlummere friedlich ein.
In Máncora angekommen, bin ich angenehm überrascht. Klar, Thailand ist schwer zu toppen, aber die Strände hier sind charmant, die Sonne knallt, und der Pazifik rauscht in sattem Blau. Mit den legendären Collectivos – alte Minibusse, die erst losfahren, wenn jeder Zentimeter besetzt ist – geht’s zu Stränden wie Los Órganos und Punta Sal.
Besonders Punta Sal punktet mit Ruhe, Sauberkeit und einer entspannten Atmosphäre. Tagsüber fülle ich mich mit so viel Ceviche, wie mein Magen verträgt, und kaufe frisches Obst am Straßenrand – spottbillig und köstlich.
Abends zeigt Máncora sein zweites Gesicht: Party! Mein Hostel ist für seine Feten berüchtigt, und schon bei der ersten „Bad-Taste-Party“ merke ich, dass meine Tage als Dauernachtaktiver vielleicht gezählt sind. Während die 20-jährigen Engländer schrill verkleidet eskalieren, gehe ich als „langweiliger Deutscher“ – ganz ohne Kostüm. Spaß macht’s trotzdem.
Die Bars im Ort locken mit Happy-Hour-Angeboten: zwei Caipirinhas zum Preis von einem. Klingt super, bis man merkt, dass der Barkeeper vermutlich Backpacker ist, der sich sein nächstes Busticket mixt. Die Drinks sind scheußlich, die Minze verwelkt – aber was soll’s. Nach zwei Gläsern tanzt man auch zu den immer gleichen Black-Eyed-Peas-Hits, als wäre man in der coolsten Stranddisko der Welt.
Drei Tage Sonne, Strand, Ceviche, Partys und ein dezenter Sonnenbrand später heißt es Abschied nehmen – von Peru und seinen Küsten. Nächstes Ziel: Ecuador.

Der Nabel der Welt
Cusco
Na nun – da fehlt doch was! Als ich Peru das erste Mal bereiste, war Machu Picchu gesperrt. Heftige Regenfälle hatten die Bahnstrecke verschüttet und die Stadt für Touristen unzugänglich gemacht. Völlig frustriert reiste ich damals weiter nach Ecuador. Doch dort erreichte mich die Nachricht: Die „verlorene Stadt der Inka“ ist wieder offen. Keine Frage – ich musste zurück. Also jettete ich über Quito und Lima nach Cusco. Zweiter Anlauf, diesmal sollte es klappen. Und darum wird der Bericht nun auch etwas ausführlicher.
Cusco war einst die Hauptstadt des Inka-Reiches. Im Quechua, der Sprache der Inka, hieß sie Qosqo – „Nabel der Welt“. Für die Inka war sie Mittelpunkt des Reiches und zugleich Mittelpunkt der Welt: Von hier aus wurden die vier Regionen des Imperiums – Norden, Süden, Osten und Westen – regiert. 1533 marschierte Francisco Pizarro in die Stadt ein, schlug die Inka-Hauptstadt nieder und machte Cusco zur Provinz. Die Spanier, selbst Seefahrer, interessierten sich mehr für die Küstenregion um Lima – Cusco fiel in den Hintergrund. Erst 1911, als Machu Picchu durch den US-Forscher Hiram Bingham wiederentdeckt wurde, gewann die Stadt an Bedeutung zurück.
Heute ist Cusco ein Augenschmaus. Koloniale Prachtbauten reihen sich an Inka-Mauern, indigene Frauen verkaufen ihre Waren, die Plaza de Armas ist das pulsierende Herz der Stadt. Für mich löst Cusco sogar Arequipa als peruanische Lieblingsstadt ab.
Natürlich will ich so viel wie möglich sehen. Im Rahmen einer City-Tour besuche ich den Qorikancha-Tempel, das spirituelle Zentrum des Inka-Reiches. Pizarro plünderte ihn zunächst, ließ dann aber eine Kirche auf den Inka-Mauern errichten – symbolträchtig und clever, denn die soliden Mauern schützen bis heute vor Erdbeben. Vor den Toren der Stadt liegt Saqsayhuaman – schwer auszusprechen, darum merken sich Touristen den Namen gern als „Sexy Woman“. Riesige Steinblöcke, tonnenschwer, passgenau aufeinandergesetzt – und das ganz ohne Rad oder Eisen. In Qenqo bereiteten die Inka Opfer vor, in Tambomachay dienten heilige Quellen der rituellen Reinigung.
Der neunte Inka-Herrscher Pachacutec ließ Cusco übrigens in Form eines Pumas anlegen – Saqsayhuaman bildete dabei den Kopf. Nicht schlecht, oder?
Am nächsten Tag geht es ins Heilige Tal der Inka. In Pisac gibt es einen farbenfrohen Markt, doch spannender ist die Festung oberhalb des Dorfes, mit hunderten Felsgräbern, die jedoch längst geplündert sind. In Ollantaytambo stehe ich vor einer weiteren Festung: Auf der Spitze thronen tonnenschwere Steinblöcke, und man fragt sich unweigerlich, welcher arme Inka die wohl den Berg hinaufgeschleppt hat. Alles zusammen ein großartiger Vorgeschmack auf Machu Picchu.
Doch nicht nur Steine prägen die Erinnerung. In meinem Hostel treffe ich ein junges Paar aus Lima. Beide sind das erste Mal hier – und völlig eingeschüchtert von der Höhe. Cusco liegt auf 3.300 Metern, Machu Picchu sogar niedriger auf 2.800. Während Touristen wie ich das Ganze sportlich sehen, haben die beiden fast Angst vor der Höhenkrankheit. Als ich erwähne, dass ich den Inka Trail wandern will, schauen sie mich an, als hätte ich gerade den Mount Everest ins Auge gefasst.
Besonders eindrücklich ist auch die Begegnung mit einem jungen Schuhputzer. Meine Schuhe sind dreckig, er spricht mich an, ich willige ein. Für 2 Soles – nicht mal 50 Cent – poliert er fleißig, während wir plaudern. Fußball (er ist Messi-Fan), Cusco, die Schule. Er erzählt, dass er sein Schulgeld von 80 Dollar im Monat mit Schuhputzen verdient. Sein Traum: einmal Touristenführer werden. In Machu Picchu war er selbst noch nie – zu teuer. Das geht mir nahe. Zum Abschied gebe ich ihm ein paar Dollar extra. Er strahlt, ich fühle mich einen Moment lang besser – und meine Schuhe glänzen wie neu.
Nach zwei intensiven Tagen in Cusco bin ich vorbereitet. Ich habe die Geschichte aufgesogen, die Stadt erkundet, spannende Begegnungen gehabt. Jetzt wird es ernst: Der legendäre Inka Trail steht bevor – vier Tage auf den Spuren der Inka, bis zur verlorenen Stadt im Hochland.
Der heilige Pfad
Inka-Trail – Tag 1
Warum eigentlich den Inka-Trail wandern, wenn man in drei Stunden bequem mit dem Zug nach Machu Picchu fahren könnte? Ganz einfach: Warum leicht machen, wenn’s auch schwer geht? Hätten Kolumbus und Darwin damals gesagt: „Och nö, das ist mir alles zu anstrengend“, wüssten wir heute nichts über Evolution – und McDonald’s gäbe es vermutlich auch nicht. Also los: vier Tage auf dem heiligen Pfad der Inka!
Früher war dieser Weg nur der Elite vorbehalten: Könige, Gelehrte und Priester durften auf ihm zur „verlorenen Stadt“ ziehen. Machu Picchu, Ende des 15. Jahrhunderts von König Pachacutec erbaut, liegt abgeschieden in 2.700 Metern Höhe. Dort studierte man Sterne und Jahreszeiten, baute terrassierte Felder für Mais, Kartoffeln und die heilige Kokapflanze. Nur ein Bruchteil des Inka-Volkes wusste überhaupt von diesem Ort – und vielleicht ist genau das der Grund, warum die Spanier ihn nie fanden. Heute ist Machu Picchu die am besten erhaltene Ruinenstadt Südamerikas.
Um vier Uhr morgens startet unser Abenteuer. Mit dem Bus rumpeln wir zu „Kilometer 82“, dem offiziellen Einstiegspunkt. Meine Mitstreiter: ein Schotte, ein Israeli, zwei Polen und sage und schreibe elf Amerikaner – die halbe Baseball-Liga also. Zwei davon aus Manhattan, und ich bete innerlich, dass ich diesmal nicht wieder wie im Colca Canyon den Rucksack einer Diva schleppen muss.
Zum Glück entpuppt sich die Truppe als herzlich und lustig – schnell sind Spitznamen verteilt: Einer wird „Tiger Woods“, ich selbst bekomme von unserem Guide den Namen „Señor Koller“ verpasst – in Anlehnung an den tschechischen BVB-Riesen Jan Koller. Na, schlimmer hätte es mich treffen können.
Unsere Guides, Marco und Franco, sind echte Spaßvögel. Und dann wären da noch die eigentlichen Helden: die Träger, von uns liebevoll „Red Ninja Army“ getauft. Sie rennen mit 25-Kilo-Packs über die Berge, bauen unsere Zelte auf und zaubern, bevor wir überhaupt ins Camp kommen, schon das Abendessen. Unglaublich. Während meine Mitwanderer sich Luxus gönnen und ihre persönlichen Rucksäcke abgeben, trage ich meinen Kram selbst – ein bisschen Stolz muss sein.
Der erste Tag verläuft moderat. Wir wandern durch grüne Täler, plaudern, und erste Ruinen tauchen am Wegesrand auf. In Ayapata, einer kleinen Inka-Siedlung, bestaunen wir Terrassenfelder, auf denen einst Mais und Kartoffeln wuchsen. Ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt.
Gegen 17 Uhr erreichen wir das erste Camp. Die Zelte stehen, der Tisch ist gedeckt – unser Koch serviert ein Drei-Gänge-Menü, das jeder Sterne-Küche Konkurrenz machen könnte. In der Wildnis, wohlgemerkt! Um 20 Uhr kriechen wir erschöpft, aber zufrieden in die Schlafsäcke. Der erste Tag war ein Aufwärmen – morgen wartet die größte Herausforderung: der berüchtigte Dead Woman’s Pass.

Die heilige Pflanze
Inka-Trail – Tag 2
Am zweiten Tag unseres Inka-Abenteuers steht die längste Etappe bevor. Zwei Bergpässe müssen bewältigt werden, und frühmorgens wecken uns die Träger stilecht mit einer Tasse heißem Tee direkt am Zelteingang. Camping de luxe! Nach einem ausgiebigen Frühstück geht es los – nicht ohne dass uns unsere Guides Franco und Marco noch ein kleines Geheimnis der Inka näherbringen.
Die Rede ist von der Koka-Pflanze. Für die Inka war sie ein echtes Wundermittel: Hunger und Durst schwanden, dafür kamen neue Kräfte. Heute haftet ihr durch die Herstellung von Kokain zwar ein zweifelhafter Ruf an, doch in den Anden gehört Koka-Tee oder das Kauen der Blätter immer noch ganz selbstverständlich zum Alltag.
Wir dürfen es selbst ausprobieren: eine Handvoll Blätter, zusammengefaltet mit einem kleinen Klumpen Asche als Katalysator, in die Wange gesteckt, 15 Minuten eingespeichelt und dann langsam gekaut. Nach kurzer Zeit fühlt sich meine Gesichtshälfte an wie nach einer Betäubungsspritze beim Zahnarzt – aber tatsächlich kommen neue Kräfte. Gut gelaunt und leicht „gedopt“ nehmen wir Fahrt auf und erreichen ohne größere Probleme den ersten Pass auf 4.200 Metern Höhe. Nach ausgiebiger Fotosession geht es steil wieder bergab bis auf 3.500 Meter, wo uns schon der Duft des Mittagessens empfängt, das unser Koch wie immer zauberhaft vorbereitet hat.
Frisch gestärkt – und mit einer neuen Portion Koka-Blätter – machen wir uns an den zweiten Aufstieg. Inzwischen beherrschen wir die Technik perfekt: Rollen, einspeicheln, kauen – und schon schwebt man wieder wie Clark Kent auf Supermans Fersen. So schaffen wir auch den zweiten Pass auf 4.000 Metern. Oben genießen wir die Aussicht: majestätische Gipfel, weiße Gletscher und eine Ruhe, die fast unheimlich wirkt. Zwei Mal 4000 Meter an einem Tag – das kann sich sehen lassen!
Auf dem weiteren Abstieg stoßen wir auf zwei Inka-Ruinen. Runcuracay, einst ein Ort zur Sternenkunde, liegt spektakulär auf einem Berggipfel. Wenn Wolken vorbeiziehen, geben sie den Blick auf die umliegenden Berge frei – ein fast mystisches Schauspiel. Später erreichen wir Sayacmarca, die „Hohe Festung“. Unser Guide Franco zieht einen schrägen, aber einleuchtenden Vergleich: Die Inka hätten mit ihrer Verbundenheit zu Bergen, Wäldern und Gletschern gelebt wie die blauen Männchen aus Avatar. Klingt seltsam, passt aber ziemlich gut.
Abends im Camp wird nach dem köstlichen Abendessen noch ein Spiel erfunden: „Ich gehe auf den Inka-Trail und nehme mit…“ – eine abgewandelte Version von „Ich packe meinen Koffer“. Wanderstöcke, Koka-Blätter, Babylamas – die Liste wird immer absurder, die Stimmung immer ausgelassener. Danach fallen wir alle wie Steine in unsere Schlafsäcke. Und ich schlafe so schnell ein wie ein Babylama. Morgen wartet schon die nächste Etappe – leider auch schon die letzte.
Fast da!
Inka-Trail – Tag 3
Der dritte Tag startet wieder früh, doch diesmal ohne unser „Wunderdoping“ – schließlich geht es fast nur bergab. Der Trek ist vergleichsweise entspannt, und so erreichen wir schon mittags unser Camp. Die Wolken verziehen sich, und zum ersten Mal erspähen wir den Machu-Picchu-Berg. Übrigens: Die berühmte Ruinenstadt trägt ihren Namen nur, weil man ihn vom gleichnamigen Berg ableitete – der ursprüngliche Inka-Name ist bis heute unbekannt.
Da wir der Zivilisation wieder etwas näherkommen, wartet im Camp ein Luxus, von dem wir bisher nur träumen konnten: eine heiße Dusche und eine halbwegs normale Toilette. Über die Toilettenproblematik der vergangenen Tage breite ich den Mantel des Schweigens – es reicht zu wissen: prekär war noch milde gesagt.
Frisch geduscht und erleichtert brechen wir am Nachmittag zur letzten Ausgrabungsstätte vor Machu Picchu auf: Wiñay Wayna. Der Name bedeutet „auf ewig jung“ – und jung geblieben ist auch die Anlage selbst, da die Spanier sie nie entdeckt haben. Terrassen ziehen sich wie Treppen den Hang hinauf, die Gebäude sind erstaunlich gut erhalten.
Archäologen fanden hier sogar Waffen, die darauf hindeuten, dass sich die Bewohner auf die Ankunft der Spanier vorbereitet hatten – vergeblich, wie wir heute wissen. Der Ort ist nicht nur historisch spannend, sondern auch fotogen: Ruinen, Berge und der Urubamba-Fluss ergeben ein Panorama, das jedes Kameraobjektiv glücklich macht.
Zurück im Camp heißt es Abschied nehmen von unserer Red Ninja Army, den Trägern, ohne die der Trek gar nicht möglich wäre. Jeder wird vorgestellt, und es ist ein fast rührender Moment – nicht zuletzt, weil die meisten von ihnen Machu Picchu selbst wahrscheinlich noch nie gesehen haben. Bittere Ironie!
Beim letzten gemeinsamen Abendessen zieht unser Guide Marco ein Fazit – nicht ohne Humor. Er erzählt, dass der Gründer unserer Agentur Llama Path einst als Guide arbeitete, dort eine Engländerin kennenlernte und mit ihr das Unternehmen gründete. Marcos Plan: sich ebenfalls eine ausländische Frau mit Geld zu angeln und eine Konkurrenzfirma namens Alpaca Path zu eröffnen. Ob’s ein Witz war oder nicht – wir lagen jedenfalls lachend unterm Zeltdach.
Danach geht’s früh ins Bett. Denn morgen ist der große Tag – der Tag, an dem wir endlich Machu Picchu erreichen!

Die Ankunft!
Machu Picchu – Tag 4
Machu Picchu, die „verlorene Stadt der Inka“, ist für viele das ultimative Highlight Südamerikas – und das zu Recht. Die versteckte Lage mitten in den Anden, die geheimnisvolle Vergangenheit und die schiere Baukunst machen diesen Ort zu einem weltweiten Publikumsmagneten.
Wahrscheinlich ließ der große Inka-Herrscher Pachacútec die Stadt im 15. Jahrhundert errichten. Unter ihm wuchs das Reich enorm, teils durch Eroberungen, teils, weil er andere Kulturen schlicht überzeugte, sich den Inka anzuschließen. Machu Picchu war nie eine „normale“ Siedlung, sondern diente vor allem als kulturelles und spirituelles Zentrum. Hier lebten Gelehrte, beobachtete man die Sterne, berechnete Jahreszeiten und betrieb Landwirtschaft auf ausgeklügelten Terrassen. Selbst unter den Quechua sprechenden Völkern wussten nur wenige von diesem versteckten Ort – er war Elite vorbehalten.
Nach dem Untergang des Inka-Reichs verfiel Machu Picchu in Vergessenheit. Erst 1911 wurde es durch den US-Archäologen Hiram Bingham „wiederentdeckt“. Eigentlich war er auf der Suche nach Vilcabamba, der letzten Inka-Festung. Doch dann traf er auf eine lokale Bauernfamilie, deren Sohn Pablito ihn zu den überwucherten Ruinen führte. So wurde Machu Picchu – zufällig – zum Weltstar. Heute zählt es zu den „Neuen Sieben Weltwundern“ und steht seit 1983 auf der UNESCO-Welterbeliste.
Zurück in die Gegenwart: Um 4.30 Uhr brechen wir auf, um das Wunder im Morgengrauen zu erleben. Doch als wir endlich am Ziel sind, sehen wir – nichts. Nebel, Wolken, Null Sicht. Nun heißt es Geduld haben und Tee trinken. Nach und nach lichten sich die Schwaden, Konturen werden sichtbar – und dann, ganz plötzlich, liegt die legendäre Stadt vor uns. Terrassen, Tempel, Mauern – alles wirkt wie ein Postkartenmotiv. Gänsehaut!
Unser Guide Marco führt uns durch die Anlage: vom Sonnentempel bis zum Tempel des Kondors, wo die Seelen der Verstorbenen angeblich ihren Weg in den Himmel fanden. Drei Stunden dauert die Tour, und auch wenn die Füße müde sind – man saugt jedes Detail auf.
Danach sind wir frei, Fotos zu machen. Praktisch, dass sich auf den Terrassen einige Lamas tummeln, die offenbar zum „lebendigen Deko-Programm“ gehören. Schwieriger ist es, sie fürs perfekte Foto in Position zu bringen – und wehe, man nervt sie zu sehr. Denn ja, sie spucken wirklich. Glücklicherweise hat es mich verschont – meine Kamera bekam dafür erstklassige Schnappschüsse.
Am Nachmittag lassen wir uns auf einer gegenüberliegenden Terrasse nieder, genießen die Ruhe und den Blick, der jeden Reiseführer ziert. Die letzten Wolken verziehen sich, Sonnenstrahlen fallen auf die Ruinen – ein Bild, das sich einprägt.
Später fahren wir ins nahe Aguas Calientes, wo uns ein Bad in den heißen Quellen erwartet. Zugegeben, das Wasser sieht etwas trüb aus, aber die Mineralien sorgen für eine heilende Wirkung. Für uns nach vier Tagen Inka-Trail fühlt es sich jedenfalls wie pure Wellness an.
Am Abend treffen wir uns zum letzten gemeinsamen Essen mit der Gruppe – ein Abschied voller Geschichten, Gelächter und ein bisschen Wehmut. Die Rückfahrt wird noch einmal zur Herausforderung: Wegen der noch beschädigten Bahnstrecke müssen wir zweimal in Busse umsteigen. Aber nach vier Tagen Inka-Trail schreckt uns das nicht mehr – schließlich haben wir das Ziel erreicht: Machu Picchu!
Das war Peru!
In Peru habe ich Ruinen bestaunt, Wüsten überflogen, Ceviche verschlungen und gelernt, dass Lamas wirklich spucken. Vor allem aber habe ich mich auf Höhenmeter eingelassen, die am Ende in Machu Picchu gipfelten. Adiós por ahora, Perú increíble! Weiter geht es mit Ecuador.
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